Was ist Physical Modeling eigentlich?

  • Seite 1 von 4
16.10.2017 23:29
avatar  Machthorn ( gelöscht )
#1 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
Ma
Machthorn ( gelöscht )

Zitat
Sampling ist m.M. n. noch lange nicht am Ende. Speicher wird immer billiger. Wer übrigens glaubt, daß die Flötenrechnerei in irgendeiner Weise effizienter arbeitet ist auf dem Holzweg.


Genau so sehe ich das auch. Man vergleiche einfach mal den Qualitätsfortschritt, den Physis in den letzten fünf Jahren gemacht hat mit dem Fortschritt beim Sampling. Mein Eindruck, wenn Viscount nicht ganz schnell aktiv wird, hat das Sampling Physis qualitativ deutlich überholt. Auch Sampling bietet inzwischen umfangreiche Intonationsmöglichkeiten, und was mit Intonation nicht geht, lässt sich mit größeren Bibliotheken ausgleichen.

Der Grund dafür ist simpel: Ein gutes Sample muss "nur" aufgezeichnet und wiedergegeben werden. Mit langen Loops bekommt man eine gute Lebendigkeit, Detonation durch Windruck lässt sich mit wenig Aufwand ebenso variabel gestalten wie An- und Absprache. Das kostet sehr viel Speicher und noch vor wenigen Jahren wäre der teurer gewesen als eine ganze Physis-Orgel. Aber das war mal.

Das Ganze mit PM nachzumodellieren benötigt allerdings völlig unabhängig von der verwendeten Orgelhardware einen immensen "Ermittlungsaufwand". Dazu müssen Samples des gewünschten Klanges in jeden beteiligten Teilton zerlegt und diese mit komplexen Formeln detailliert nachgebildet werden. Das Zerlegen ist nicht das Problem, aber je detaillierter eine solche Nachbildung werden soll, desto komplexer wird die Formel und am Ende kommt der Punkt, wo man eine Näherung akzeptieren muss. Wenn man das dann auf dem Niveau von Einzeltonsampling betreiben will, muss man das auch noch für jeden Ton einzeln tun. Danach müssen die Formeln aller Töne miteinander verglichen und die variablen Parameter erarbeitet werden. Wie gesagt, ein irrsinniger Aufwand und bei hoher Qualität nicht weniger komplex als gute Samples zu erstellen. Noch scheint Physis qualitativ auf Augenhöhe, aber in fünf Jahren?


 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 00:30
avatar  PeterW
#2 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
avatar
+ 12.1.2018

Zitat von Machthorn
Das Ganze mit PM nachzumodellieren benötigt allerdings völlig unabhängig von der verwendeten Orgelhardware einen immensen "Ermittlungsaufwand"?


So sah ich das Physis-Anfangszeiten ebenfalls, damals noch in einem anderen Forum. Die Klangqualität der damaligen Unico(s) war dementsprechend ...
Inzwischen gibt es bei Viscount eine neue Hardwareplattform, die aktuell einzig in der 468cc eingesetzt wird. Es scheint, daß diese mit mehr Komplexität umgehen kann. Hörvergleiche zwischen der 468cc und der 355cc haben mich und Wichernkantor damals zum vorletzten Treffen in Baunatal davon überzeugt.
Damit stünde der Wiedergabe 2'-iger Vorläufertöne nichts mehr im Weg (wenn sie denn mal im Klanglabor kreiert würden). Über weitergehende Ansprüche an die Klangkomplexität habe ich bisher noch nicht nachgedacht, glaube aber, daß davon einiges in der 468cc bereits verwirklicht wurde.


 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 09:46
avatar  Offenbass 32 ( gelöscht )
#3 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
Of
Offenbass 32 ( gelöscht )

Warum kreieren? Ich vermute immernoch daß für jedes Register ein Samplington die Patenschaft übernimmt und dann kreuz und quer wie hoch und runter gerechnet wird.


 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 10:20
avatar  PeterW
#4 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
avatar
+ 12.1.2018

@Offenbass 32: Nix "Samplington". Bei Physis gibt es jedes Register eine (für uns sehr kryptische) Klangdatei. In diese waren bei den 2'-ern keine Vorläufertöne u. ä. implementiert, weil sie dort "nicht so wichtig" seien. Offenbar handelte es sich um eine Einsparung für die Rechenleistung - ein Argument, das bei der neuen Hardware ab 468cc nicht mehr zieht.
Wenn man also am Register im Viscont-Klanglabor etwas ändern will, muß eine neue Klangdatei mit neuem Namen entwickelt werden.


 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 12:44
#5 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
avatar

Hallo Offenbass 32,

woher weisst Du, dass es bei den 2 Fuss Registern keine Vorläufertöne gibt? Ist das irgendwo schriftlich erklärt und begründet?
War das bei Physis 1.0 der Fall, oder ist das auch heute noch so?

Vielen Dank

Pipeorgan

Gloria Concerto 346 Positiv | Viscount Cantorum VI Plus

 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 14:18
#6 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
cl

Was hälst Du davon, in Deiner Datenbank die 2´ und kleiner komplett tonweise abzuhören? Auf Deinen Erfahrungsbericht bin ich gespannt.

Liebe Grüße vom Clemens

 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 18:21
avatar  Machthorn ( gelöscht )
#7 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
Ma
Machthorn ( gelöscht )

Zitat
@Offenbass 32: Nix "Samplington". Bei Physis gibt es jedes Register eine (für uns sehr kryptische) Klangdatei.


Naja, irgendwo müssen diese Formeln ja herkommen. Man kann sicher versuchen, durch ausprobieren etwas zu kreieren, was irgendwie nach Orgel klingt. Man kann aber auch ein Sample aus dem ja zweifelsohne vorhandenen großen Viscount-Fundus nehmen und es analysieren. Geht schneller (wenn auch immernoch aufwändig), ist treffsicherer.

Ich bin der Auffassung, dass zumindest Samplingtöne Pate gestanden haben dürften. Wobei meine alte Mutmaßung, als Basis der Physis-Definitionen könnten einphasige "Minisamples" in den Orgeln abgelegt sein, nicht widerlegt ist. Wie Physis im Detail arbeitet, hat Viscount nirgends offen gelegt. Selbst die Patentschrift (durch den betreffenden Teil habe ich mich mal durchgequält) schließt das nicht aus. Angesichts der Rechenpower, die das komplette Errechnen aller Einzeltöne bei vollem Werk und vollgriffigem Spiel in Echtzeit benötigen würde, wären diese "Minisamples" zumindest nicht unplausibel.


 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 18:57
#8 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
avatar
Administrator

Wer von den Mutmaßern möchte direkt bei Viscount anfragen in dieser Sache?
Mit Kaffeesudlesen ist gewiss niemandem gedient.
Da Physis von Anfang an mit dem Anspruch auftrat, ohne Samples auszukommen ("Sound is generated", sehe ich keinen Grund, Viscount zu misstrauen.
Übrigens liegen zwischen der Bemerkung "Ein Sample stand Pate" und "Ein Sample liegt dem Klang zugrunde" - genau besehen - ganze Welten.
Bis zum Erweis (!) des Gegenteils gilt für mich, was Viscount zu diesem Thema selber deklariert hat.

Ich darf zitieren:

Zitat
Physis® technology models the sound "physically" by measuring the natural characteristics and physical properties of each organ pipe, as well as the interaction with the environment and the pipes. Thanks to the powerful processors, the sound is created not through the common “sample” (digital recording), but reconstructing the sound IN REAL TIME, through sophisticated algorithms.


Quelle: http://www.viscountinstruments.com/classic-organs/unico.html


Ich verkaufe meine Orgel, eine Gloria Concerto 234 Trend DLX. Bei Interesse bitte PN oder Mail.

 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 19:27
#9 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
avatar
Moderator

Hallo ihr lieben Leute,

unterstellt bitte den Klangschmieden in Mondaino, dass das Kind "Physis" längst den Kinderschuhen entwachsen ist.
Vorlage der "Ur"-Rechenmodelle war der Klang von Originalpfeifen. Aber das ist laaaaange her. Die Algorithmen, mit denen dieser Klang in Fraktionen zerlegt und wieder zusammengesetzt wird, haben zunehmend an Komplexität gewonnen - in linearer Abhängigkeit zum Zugriff auf kostengünstige Speichermedien.
Wie PeterW richtig bemerkte, ist zwischen der Concerto CC 355 und ihrer viermanualigen Schwester ein deutlicher Qualitätssprung beim gesamten kleinfüßigen Klangmaterial zu hören. Das würde auch die kräftige Preissdifferenz zwischen beiden Modellen begründen und rechtfertigen. Es ist m.E. nur noch eine Frage der Zeit, bis diese Verbesserungen nach unten weitergereicht werden. Ich vermute mal, das geschieht im Verein mit den neuen Wippen, die m.E. ein registriertechnischer Quantensprung sind.

Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Bei Aldi gibt's schon Spekulatius ... Prost:

LG
Michael


 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 19:50
avatar  Machthorn ( gelöscht )
#10 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
Ma
Machthorn ( gelöscht )

Zitat
Wer von den Mutmaßern möchte direkt bei Viscount anfragen in dieser Sache?


Ich weiß nicht? Du vielleicht?

Sorry, aber die zitierte Aussage von Viscount enthält aus technischer Sicht rein gar keine auch nur im Ansatz belastbare Aussage zur Funktionsweise von Physis. Das ist Marketinggewäsch. Alleine die Tatsache, dass der Begriff "sample" mit dem Attribut "common" relativiert wird, lässt jeden technisch denkenden Menschen stutzig werden.

Wir werden vermutlich nie erfahren, wie Physis wirklich arbeitet, selbst wenn wir in Massen in Mondaino anrufen. Zwischenzeitlich bitte ich, objektiv betrachtet beide diskutierten Arbeitsweisen als denkbar zu akzeptieren. Aus Viscounts Aussagen eine ausschließlich synthetische Klangerzeugung herauszulesen, ist nämlich ebenfalls reiner Spekulatius.


 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 19:54
#11 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
avatar
Administrator

Ich werde in dieser Sache gewiss nicht anfragen, da ich keinerlei Zweifel an der Natur von Physis hege.
Dass die zitierten Sentenzen von Viscounts Homepage keine wissenschaftliche Doktorarbeit über die Funktionsweise von Physis enthalten, ist mir klar. Erstaunlich finde ich dagegen das Misstrauen bzw. die Unterstellung, dass Viscount den Kunden hinsichtlich der Natur von Physis bewusst hinters Licht führen könnte.
Darüberhinaus vermute ich, dass einem, der es nicht glauben will, kein noch so offizielles Dokument als Beweis genügen würde.
Ich sehe hier auch keineswegs Viscount in Beweisnot, sondern einzig jene, die den Aussagen von Viscount keinen Glauben schenken wollen.


Ich verkaufe meine Orgel, eine Gloria Concerto 234 Trend DLX. Bei Interesse bitte PN oder Mail.

 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 20:07
avatar  Machthorn ( gelöscht )
#12 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
Ma
Machthorn ( gelöscht )

Interessant. Von mir erwartest du, meine zugegebenermaßen nicht bewiesene Theorie von Seiten des Herstellers bestätigen lassen. Deine eigene, ebenfalls nicht bewiesene Theorie deinerseits bestätigen zu lassen, bist du nicht bereit. Technisch-wissenschaftlicher Diskurs sieht meiner Erfahrung nach anders aus. Als Österreicher könnte dir vielleicht der Semmelweis-Reflex bekannt sein.

Sorry, aber das musste mal gesagt werden.


 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 20:09
avatar  Machthorn ( gelöscht )
#13 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
Ma
Machthorn ( gelöscht )

Zitat
Darüberhinaus vermute ich, dass einem, der es nicht glauben will, kein noch so offizielles Dokument als Beweis genügen würde.


Wie gesagt, ich habe mich schon durch die Physis-Patentschrift gequält. Selbst die enthält nicht den geringsten Beweis für deine Theorie.


 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 20:11
#14 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
avatar
Administrator

Ich habe dazu gesagt, was ich sagen wollte und musste.
Vielleicht möchte demnächst jemand eine Digitalorgel aufschrauben und nachsehen, ob nicht doch irgendwo kleine Pfeifen versteckt sind. Man weiß ja nie, was denen so alles einfällt... [grin]

Ich hab übrigens noch eine Theorie: Die Erde ist eine Scheibe. Beweisen muss ich das freilich nicht. [grin]


Ich verkaufe meine Orgel, eine Gloria Concerto 234 Trend DLX. Bei Interesse bitte PN oder Mail.

 Antworten

 Beitrag melden
17.10.2017 20:15
#15 RE: Was ist Physical Modeling eigentlich?
avatar

Lieber Klaus,
ich habe bereits mehrere Orgeln aufgemacht. Physis war zwar keine darunter aber an allen Instrumenten ist mir eines aufgefallen : Es gab nur eine Pfeife und die war, zumindest bei mir, nicht IM Instrument [wink]

PORTA PATET MAGIS COR

 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!