Hamburg zum dritten Mal ohne Notengeschäft

Heute 16:50 (zuletzt bearbeitet: Heute 16:52)
#1 Hamburg zum dritten Mal ohne Notengeschäft
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Das Hamburger Abendblatt berichtet heute ausführlich hinter Bezahlschranke, dass die Inhaberin ihr Notenfachgeschäft "Melodie" in der Innenstadt aufgibt. Frau Teveßen hatte den Laden 2019 eröffnet, weil es in HH kein Notengeschäft mehr gab; sie hatte bis 2016 bei Bartels-Noten in unmittelbarer Näge gearbeitet, der wiederum die Lücke hatte schließen wollen, die die Aufgabe des Steinway-Hauses (in dem auch mal Ahlborn-Orgeln verkauft wurden) in der Nachbarschaft gerissen hatte. Ein Notengeschäft passte auch recht gut auf diesen Bereich.

Aus für Melodie-Noten

Der Artikel ist recht ausführlich, doch stechen mehrere Punkte von mMn allgemeinem Interesse hervor:

Eine Großbaustelle (am nahen Jungfernstieg) reichte, um die Kundenfrequenz um ein Drittel zu senken. Die vor vielen Jahren mal edle Einkaufsstraße ist derzeit heruntergekommen und weist bereits 12 Leerstände auf. Auch das vertreibt Laufkundschaft, die offenbar "nur" für Noten nicht mehr dorthin kommt.

Für die Ladenmiete (95qm), Notenbeschaffung, zwei Teilzeit-Kräfte und einen Mini-Jobber braucht sie monatlich 25.000 Euro! Ihr aktueller Umsatz erwirtschaftet seit längerer Zeit nur noch etwa die Hälfte. Sie selbst lebe nach eigenen Angaben bereits unter der Armutsgrenze.

Aus dem Mietvertrag kommt sie aber für die nächsten drei Jahre nicht raus, wenn sie keinen Nachmieter präsentieren kann (was bei der Situation vor Ort auch nicht einfach sein dürfte).

Schulen, Kitas, Orchester und Chöre sparen und mieten Noten nur noch oder kaufen diese in digitaler Form - beim Verlag direkt.

Mit absurd hohen Mieten, dem Sparen an der Musik und dem digitale Notenkoffer sind solche Spezialgeschäfte offenbar nicht mehr zu halten. Dann reicht eine Baustelle und das war es.


Ich las irgendwo einmal, dass die Stadt Paris durch die Übernahme von vielen kleinen Ladengeschäften und deren Vermietung zu günstigen Preisen erreicht hat, dass in vielen Vierteln noch kleine exotischenund damit wirklich interessante Geschäfte erhalten bleiben können.

(Transparenzhinweis: Ich bin mit dem Laden in keiner Weise irgendwie verbunden.)


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Heute 17:10
#2 RE: Hamburg zum dritten Mal ohne Notengeschäft
cl

Das ist wie hier in Köln bei Tonger :-(
Da wurde ich zu besten Zeiten begrüßt: "... nach was für einer Orgel-Spezialität suchen wir denn heute?"
Und was haben die Damen dort alles möglich gemacht und auch beschafft.... KM war damals im Kommen. In einer Schauvitrine waren die 3 Leinenbände à (ca. 320 Seiten) von "The Complete Organist" ausgestellt. Meine Stammverkäuferin legte sie mir ans Herz. Davon konnte ich mir damals nur den 1. Band leisten.
Für eine Bet- Singmesse gab es 12,-Mark, die noch zu versteuern waren....
Meine Lieblingsverkäuferin legte mir den 2. und 3. Band ... für später zurück. Bis heute habe ich diese Anschaffung nie bereut.
Leider gibt es diese Institution des geballten Fachwissens in Köln schon jahrelang nicht mehr.

Liebe Grüße vom Clemens

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Heute 17:45
avatar  Sc1978
#3 RE: Hamburg zum dritten Mal ohne Notengeschäft
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Das Problem ist nicht auf Hamburg oder Köln beschränkt. Hier in Düsseldorf gibt's zwar noch Jörgensen, das gehört aber auch zur Bauer und Hieber Gruppe.
Als ich letztes Jahr bei Bartels in Bremen war, war ich vom Sortiment sehr enttäuscht. Was die in den 1990ern noch an spannenden Orgelausgaben hatten, beschränkte sich mittlerweile auf die gängigen Bände von Bärenreiter und Strube. Und die Öffnungszeiten waren sehr eingeschränkt.
Wenn ich was spezielles brauche frage in bei Landsiedel Becker in Wuppertal, die Inhaberin ist selber Kirchenmusikerin und versucht alles möglich zu machen.

Plz 40591


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Heute 18:35
avatar  wohli
#4 RE: Hamburg zum dritten Mal ohne Notengeschäft
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Gibt's in D'dorf eigentlich noch Fratz in der Kaiserstraße? Die waren in den 1990ern recht gut sortiert bei Orgelnoten ...


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Heute 18:48 (zuletzt bearbeitet: Heute 18:51)
avatar  Sc1978
#5 RE: Hamburg zum dritten Mal ohne Notengeschäft
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Nein, nach dem Tod der alten Frau Fratz, haben sie leider nicht weiter gemacht. Alles ohne großes Aufsehen, irgendwann bin ich vorbei gefahren und der Laden war leer. Sehr schade, war immer etwas durcheinander, aber immer sehr gemütlich noch einen Plausch mit Frau Fratz zu führen...
Muss kurz nach Corona gewesen sein.

Plz 40591


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vor 6 Minuten
#6 RE: Hamburg zum dritten Mal ohne Notengeschäft
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In Wuppertal haben wir noch ein sehr gut sortiertes Fachgeschäft, mit einer außerordentlich kompotenten Inhaberin. Ihre Mitarbeiterin ist unlängst in Rente gegangen, jetzt hat der Laden nur noch an 3 Tagen in der Woche geöffnet.
Da auch hier keine Nachfolge in Sicht ist, ist es auch hier eine Frage der Zeit bis es das Geschäft nicht mehr gibt.
Ich werde die Fachsimpeleien und die Sätze, die mit „Kennst du schon“ oder „Ich hab da was für dich“ vermissen.

Das erinnert mich an den Untergang der Schallplatten „Fachgeschäfte“


Gloria Nobilis 352

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