Wiegleb-Orgel in Ansbach

06.11.2022 20:16
#1 Wiegleb-Orgel in Ansbach
Ge

Wie versprochen möchte ich dann die Orgel kurz präsentieren und dann möglicherweise eine Diskussion anstoßen.
Die originale Orgel in St. Gumbertus in Ansbach wurde 1739 fertiggestellt. Durch nachfolgenden Umbauten von Steinmeyer war die Orgel praktisch nicht mehr existent wurde aber dank dem sehr anlagerten Bestreben des damaligen KMD 2007 mit einem Neubau durch Firma Reil wiederhergestellt.
Zur Entstehungszeit wurde die Orgel natürlich hochgelobt, man erhoffte ein reges Konzertleben und alles, was Neubau einer Orgel so begleitet. Ich war damals ein entschlossener Gegner von diesem Unterfangen versuche aber jetzt die Orgel so weit es geht neutral zu präsentieren.
Die Disposition der Orgel findet man u. A. in Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/St._Gumbertus_(Ansbach).

Ein paar Anmerkungen zur Disposition:
1. unter 47 Registern findet sich 1 8‘ Prinzipal im Hauptwert
2. Es gibt nur 1 Zunge im Pedal (16‘ Posaune)
3. Im Mittel- und Oberwerk findet man jeweils 3 4‘ und 2‘ Register
4. Die Mixturen sind terzhaltig
5. Echo im Oberwerk (Cornet) ist schwellbar
6. bei 47 Registern steht nur das Hauptwerk auf 16‘ (Quintadena)
7. offenes 32‘ im Pedal

In meinen Augen ist die Disposition nicht so besonders ausgewogen. Bei der Größe der Orgel könnte man mehr Zungen erwarten (nur 5), mehr Fundament-Register und vielleicht weniger hohe Flöten (und sogar Streicher - Salicet 2‘).

Die Orgel habe ich mehrmals live gehört. Da kommt natürlich die Frage der Geschmäcker. 32‘ ist mächtig, was anderes kann man auch nicht erwarten. Zungenchor ist dünn, auch wenn Posaune im Pedal ihren Dienst schon ordentlich verrichtet. Werden Manuale besonders im Plenum zusammengekoppelt dann wird es schrill.

Also meine Meinung: die Orgel ist gewiss interessant und soll jetzt nicht vernichtet werden. Ob es die Opferung der vorherigen Steinmeyer-Orgel rechtfertigt sei es dahingestellt. Ist die Orgel eine unbedingte Bach-Orgel? Ein definitives Nein. Diese Orgel ist eine große süddeutsche Barockorgel mit einem thüringischen Hauch. Man kann gewiss vieles auf dieser Orgel spielen, nicht alles kommt überzeugend raus.


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07.11.2022 11:09
#2 RE: Wiegleb-Orgel in Ansbach
cl

??? Die Steimayrin ist doch, wenn ich recht erinnere eine Etage tiefer wieder aufgebaut...
Terzhaltige Mixturen sind zu der Zeit keine Seltenheit. ...

Liebe Grüße vom Clemens

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07.11.2022 11:19 (zuletzt bearbeitet: 07.11.2022 11:20)
#3 RE: Wiegleb-Orgel in Ansbach
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Muß denn alles eine Bach-Orgel sein? Gibt es nur Bach und sonst nix? Und vor allem, was braucht man, um Bach authentisch zu spielen? Gerade die Notwendigkeit, ein Stück auf die jeweilige Orgel zu adaptieren macht es doch gerade erst interessant. Ich finde die Disposition der Orgel interessant und würde die sogar mal gerne anspielen. Die Disposition ist erfrischend anders zu dem, was man sonst ständig präsentiert bekommt. Gut für den Organisten, wenn in der Stadt noch Orgeln anderer Epochen greifbar sind. Dann kann man auch Konzerte machen, die für die jeweiligen Orgeln geeignet sind. Freilich wird auf dieser Orgel nicht alles so klingen, wie man es sich gemeinhin vorstellt - aber auf einer spätromantischen Orgel klingt Bach auch nicht so besonders, v.a. wenn die Register rund klingen.

Terzhaltige Mixturen... ich habe mal gelesen, daß man diese "goldene Mixturen" nannte, und die ohne die Terzen "silberne Mixturen".

Und weil nicht alles mit jedem Instrument klingt, verwendet man bei DO gerne verschiedene Intonationen. Na prima... Ich hatte mal ein Konzert gehört, bei dem der Organist zwischen den verschiedenen Intonationen umgeschalten hatte - je nachdem, aus welcher Epoche das Stück kam. Ich fand gerade das enttäuschend, denn interessant wird es doch erst, wenn der Franzose auf der norddeutschen Barockorgel präsentiert wird oder der Bach auf der C-C, so wie es im echten PO-Leben eben auch ist. Und wenn sich Orgel und Stück gar nicht vertragen wollen, dann soll es halt nicht sein.

Grüße vom Ippenstein


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07.11.2022 11:49
#4 RE: Wiegleb-Orgel in Ansbach
Ge

Zitat von clemens-cgn im Beitrag #2
??? Die Steimayrin ist doch, wenn ich recht erinnere eine Etage tiefer wieder aufgebaut...
Terzhaltige Mixturen sind zu der Zeit keine Seltenheit. ...


Zu den Terzmixturen sage ich nichts schlechtes, ich persönlich mag sie nicht so.
Und wo ist die Steinmeyerin aufgebaut? Soviel ich weiß ist die auf dem Dachspeicher bei Sixtus Lampl in Valley eingelagert.


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07.11.2022 11:59
#5 RE: Wiegleb-Orgel in Ansbach
Ge

Zitat von Ippenstein im Beitrag #3
Muß denn alles eine Bach-Orgel sein? Gibt es nur Bach und sonst nix? Und vor allem, was braucht man, um Bach authentisch zu spielen?




Keinesfalls. Und außerdem was ist eine Bach-Orgel? Silbermann, Trost, Wagner, Scheibe? Da herrscht Ungewissheit. Ich hatte ein Problem vor allem damit, daß für diese Orgel mit dem Slogan „ultimative Bach-Orgel“ geworben wurde. Und das stimmt gar nicht. Ehrlicher wäre es mit der Behauptung „wir wollen ein Stück der fränkischen barocken Orgelkultur wiederherstellen“. Ob es dann gezogen hätte…


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07.11.2022 12:20
#6 RE: Wiegleb-Orgel in Ansbach
cl

Sorry, ich hatte Ansbach mit Arnstadt verwechselt.
Die für mich im Raum neuerstellte optimale Bachorgel, ist die Woehlorgel in Leipzig.

Liebe Grüße vom Clemens

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07.11.2022 12:33
#7 RE: Wiegleb-Orgel in Ansbach
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Zitat
„wir wollen ein Stück der fränkischen barocken Orgelkultur wiederherstellen“



Fände ich besser. So werden andere Erwartungen erweckt, die auch erfüllt werden können. An eine Bachorgel stellt jeder andere Ansprüche.


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07.11.2022 14:41
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#8 RE: Wiegleb-Orgel in Ansbach
Gast
( gelöscht )

Zitat von Ippenstein im Beitrag #3
Muß denn alles eine Bach-Orgel sein? ...aber auf einer spätromantischen Orgel klingt Bach auch nicht so besonders, v.a. wenn die Register rund klingen.
...
Und weil nicht alles mit jedem Instrument klingt, verwendet man bei DO gerne verschiedene Intonationen. Na prima... Ich hatte mal ein Konzert gehört, bei dem der Organist zwischen den verschiedenen Intonationen umgeschalten hatte - je nachdem, aus welcher Epoche das Stück kam. Ich fand gerade das enttäuschend...
Grüße vom Ippenstein


Das ist nun aber Geschmackssache - es gibt mind eine sehr schöne CD mit BachWerken auf der SauerOrgel in Dorstfeld von Tomasz Adam Nowak (klingt nach Lokalpatriotismus - ist es aber nicht ;-)
Ich persönlich bin da sowieso kein "strenger Jünger" dh mich interessiert die Musik die "hinten" raus kommt mehr als die historische "Wahrheit" - ich fürchte ich wiederhole mich dauernd - aber ich finde den Satz zu historischer Aufführungspraxis sehr schön:

"Wer es wirklich authentisch haben möchte muss auch die Läuse unter den Perücken mit einplanen."

zu den verschiedenen Intonationen - das kann ich noch weniger nachvollziehen, schließlich ist eine Orgel ja die (klassische) Klangfarbenmaschine der Musik - warum also sollte ein Musiker dieses Instrument (Werkzeug) nicht voll ausnutzen? (außer er hat gute Gründe für eine solche Beschränkung)

da fällt mir immer der Kommentar meines GesangsProfs zur Petri-Orgel in Soest ein, die der Kantor aus seiner Heimatstadt Nürnberg (St Sebaldus, quasi die DienstOrgel seines Vaters) nach Soest hat transferieren lassen
und "dann hoab i di veit Koammermusikoalisch intoniern lossn" (ich bitte um Verzeihung falls der Dialekt nicht so rüber kommt ;-)
Kommentar dazu: "Ja schon klar - eine 53 Register Orgel in der Hauptkirche der Stadt, kammermusikalisch intoniert... "

bei den Konzerten im Hause Glebe in Bochum finde ich es gerade interessant an einem Abend zwei oder drei verschiedene SampleSets erleben zu können und in einer Konzertbeschreibung für Marten habe ich geschrieben, dass nun (durch den Rechner mit Hauptwerk und verschiedenen Sets) der Organist die Möglichkeit bekommt neben den "richtigen" Registern für ein Stück auch noch die "richtige" Orgel (SampleSet) auszuwählen...

wie ich aber bereits an anderer Stelle geschrieben habe - das alles hilft (meiner Meinung nach) überhaupt nichts, wenn die Musik welche dabei rauskommt (mich) nicht bezaubert, berührt oder beeindruckt

ein guter Musiker kann auch auf einem schlechten Instrument ein beeindruckendes Konzert geben - ein schlechter Musiker...
oder bin ich da schon wieder zu "romantisch" in meiner Auffassung


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07.11.2022 15:55
#9 RE: Wiegleb-Orgel in Ansbach
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Wenn ich "Originale" hören will, brauche ich nur eine CD einlegen. Gerade das ist doch der Reiz: Wie klingt etwas auf der Orgel xyz. Zudem kommt ja noch der Raumklang hinzu. Ich für meinen Teil finde, daß eine Intonationsänderung während des Konzertes ebendieses klanglich zerreißt. Würde ich, wenn ich ein Konzert gebe, nicht machen und da ich meist an PO spiele, ist es auch gar nicht möglich.


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07.11.2022 17:34
#10 RE: Wiegleb-Orgel in Ansbach
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Moderator

Die neue Ansbacherin war ja nicht unumstritten. Heftigste Kritiker waren natürlich die, die nicht gefragt wurden. Mit Superlativen (beste oder ultimative "Bachorgel") sollte man vorsichtig sein und sie deutlich als persönliche Meinung kennzeichnen. Ich kenne die Orgel in Natura und von zwei CDs, die Rainer Goede eingespielt hat. Ihre besonderen Qualitäten entfaltet sie m.E. in sparsamen Mischungen, im Trio- und c.f.-Spiel mir zwei, drei Stimmen pro Werk. Da kommen die frischen Flötenfarben und die Farbwirkung der Aliquoten am besten zur Geltung. Diese Orgel hat natürlich kein "Generaltutti". Jedes Plenum will sorgfältig registriert sein. Und als Kind der Zungen-armen fränkischen Orgellandschaft verträgt sie auch (vor allem in den beiden tiefen Oktaven) deutlich einfärbende Terzen, die als "Vergoldung" zu den Quint-Oktav-Reihen der Mixturen hinzutreten dürfen.
Ich finde, es ist eher eine Orgel für Pachelbel und Muffat als für Buxtehude und Bruhns. Bachs Musik klingt auf ihr allemal. Sie klingt auch auf einer Sauerin der Jahrhundertwende (Nowak in Dorstfeld wurde bereits genannt) oder einer ACC (man höre z.B. Dany Roths zwei Bach-CDs aus St. Sulpice).

LG
Michael


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07.11.2022 19:03
#11 RE: Wiegleb-Orgel in Ansbach
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Ich liebe zwar Zungen, aber zu viel ist auch nicht gut. Mit 5 Zungen ist die Orgel nicht zu schlecht bedient, wenngleich man sich hie und da noch das ein oder andere Züngchen wünscht.
Das sächsische Vogtland ist auch zungenarm. Da gibt es bei 36-Register-Orgeln der Romantik von 4 bis 1 Zunge.
Bei meiner DO (III/57) habe ich die Zungen auch von 13 auf 10 reduziert, weil es sonst doch zu viele gewesen wären.


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