Da denkt man immer ...

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14.05.2022 09:22
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#16 RE: Da denkt man immer ...
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In Düsseldorf bekommen die städtischen Friedhofsorganisten für eine Trauerfeier von 20 min. Länge 60€, für jede weiteren 20 min. dann 55 € obendrauf. Sonderwünsche werden extra abgerechnet.
Und: Musiker müssen auch bestellt werden, wenn die Musik aus der Konserve kommt. Dann drückt der Organist zweimal die Playtaste.

Zur letzten Rose: Der Text stammt von Thomas Moore und wurde einem irischen Volkslied unterlegt. Bereits im 19. gab es geistliche Umdichtungrn. In sofern verhält es sich ähnlich wie bei "In dir ist Freude" oder "Vom Himmel hoch". Ich finde das Lied durchaus passend für Trauerfeiern. Im übrigen war Flotow nicht der Erste, der das Lied bearbeitete, auch Beethoven und Mendelssohn haben sich damit beschäftigt.

Plz 40591

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14.05.2022 09:41
#17 RE: Da denkt man immer ...
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Moderator

Zitat von Sc1978 im Beitrag #16
Ich finde das Lied durchaus passend für Trauerfeiern.


Ich nicht. Ich erkenne im mir zugänglichen und offenbar bei vokaler Ausführung üblichen Text keinen geistlichen Gehalt, schon gar keinen spezifisch christlichen. Von Auferstehungshoffnung ist nicht ansatzweise die Rede. Es ist m.E. schlicht Gefühlsduselei, von der kein tröstlicher Gedanke ausgeht.

LG
Michael


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14.05.2022 10:22
avatar  Sc1978
#18 RE: Da denkt man immer ...
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Im englischen Sprachraum ist das Lied in diversen Vorspielbüchern und Hymals vertreten.
Dass es in Deutschland nur durch Flotow verbreitet ist, dafür kann das Lied nichts.
BTW: Wer kennt die Martha eigentlich noch? Ich wüsste nicht, wo sie noch aufgeführt wird.

Hier mal zwei geistliche Textversionen. Ich weiß, dass ich damit die hier vorgefertigten "Wahrheiten" nicht ändere, daher muss auch nicht geantwortet werden:

1 Hark, the voice of Jesus crying,
"Who will go and work today?
Fields are ripe and harvests waiting;
who will bear the sheaves away?"
Loud and long the Master calleth;
rich reward he offers thee.
Who will answer, gladly saying,
"Here am I, send me, send me"?

2 If you cannot speak like angels,
if you cannot preach like Paul,
you can tell the love of Jesus,
you can say he died for all.
If you cannot rouse the wicked
with the judgment's dread alarms,
you can lead the little children
to the Savior's waiting arms.

3 If you cannot be a watchman,
standing high on Zion's wall,
pointing out the path to heaven,
off'ring life and peace to all,
with your prayers and with your off'rings
you can do what God demands;
you can be like faithful Aaron,
holding up the prophet's hands.

4 Let none hear you idly saying,
"There is nothing I can do,"
while the multitudes are dying,
and the Master calls for you.
Take the task he gives you gladly,
let his work your pleasure be;
answer quickly when he calleth,
"Here am I, send me, send me!"

Christian Worship Hymnal 1868

Oder dieser:

Love divine, from Jesus flowing,
Living waters rich and free,
Wondrous love without a limit,
Flowing from eternity;
/: Boundless ocean, boundless ocean
I would cast myself on thee. :/

2 Love surpassing understanding,
Angels would the mystery scan,
Yet so tender that it reaches
To the lowest child of man.
Let me, Jesus,
Fuller know redemption’s plan.

3 Love that pardons past transgression,
Love that cleanses every stain,
Love that fills to overflowing
Yet invites to drink again;
Precious fountain,
Which to open Christ was slain.

4 From my soul break every fetter,
Thee to know is all my cry;
Saviour, I am thine for ever,
Thine I’ll live and thine I’ll die,
Only asking
More and more of love’s supply.

Elisabeth Mackenzie 1922

Plz 40591

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14.05.2022 10:38
#19 RE: Da denkt man immer ...
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Moderator

Zitat von Sc1978 im Beitrag #18

Hier mal zwei geistliche Textversionen.


... die sich im mittelhessischen Landvolk weitester Verbreitung erfreuen, vor allem im englischen Originaltext ...
*Ironiemodus aus*

Der bekannte und von "professionellen" Trauersängerinnen und Friedhofschören hierzulande verbreitete Text ist Kitsch und theologisch substanzlos. In einem ev. Trauergottesdienst hat es m.E. nix verloren. Das kann man auch singen (und soll es meinetwegen), wenn ein atheistischer Trauerredner den ehemaligen Kreisvorsitzenden der KPD beerdigt.

LG und
Michael


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14.05.2022 10:39
#20 RE: Da denkt man immer ...
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Administrator

In meinem Einzugsbereich gab es nach der Messfeier mit der Trauergemeinde zur Beisetzung auf dem Friedhof Musik von Rammstein (von CD).

Trauerfeiern sind nicht Monopol der Christen; aber darüberhinaus haben auch Christen einen persönlichen Musikgeschmack - und wenn am Grab das Lieblingslied des Verstorbenen erklingt, warum nicht.

Da es jetzt schon ein paarmal um die "letzte Rose" ging, habe ich mich vorhin gerade auf YouTube fortgebildet, denn ich kannte das Stück nicht. Im Vergleich zum Cohen-Halleluja ist das Opusculum ja direkt harmlos. Nicht spezifisch christlich, aber auch nicht dagegen stehend, würde ich meinen. Hoffnung auf ein Wiedersehen wird angesprochen, ebenso der Einlass an der Himmelstür. Die Melodie würde ich als "empfindsam" bezeichnen, sie gefällt mir.
Wenn's gewünscht würde, würde ich es - weil Sonderwunsch: gegen Aufpreis - spielen.

In meiner Phase als jugendlicher Organist erbte ich einen Kirchenchor, der nur mäßige Qualität ablieferte. Da gab es so gefühlvolle Liedchen wie "Gute Mutter, schlaf in Frieden" oder "Über den Sternen". Am schönsten fand ich "Erdenfreud, Erdenleid". Allesamt nur mit aus der Ferne erklingendem christlichen Bezug. Über die Jahre baute ich das Repertoire um; dennoch wurden die genannten Lieder auch weiterhin gewünscht. Sie fanden dann ihren Platz in jenem "Freiraum" zwischen Messe und Einsegnungsgebeten, wo der Zelebrant in der Sakristei verschwand, um sich den Chormantel anzuziehen. Kompromisse sind möglich.


Ich verkaufe meine Orgel, eine Gloria Concerto 234 Trend DLX. Bei Interesse bitte PN oder Mail.

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14.05.2022 10:49
#21 RE: Da denkt man immer ...
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Moderator

Jo, von mir aus kann die Bläsergruppe des Kreisjagdverbandes am Grabe eines verblichenen Jagdgesellen ein letztes "Halali" blasen. Aber nicht in der Kirche.

Wir hatten an der Wichernkirche die - m.E. sehr sinnvolle - Regelung, dass bei Kasualien Darbietungen, die keine dezidierte Kirchenmusik waren, vor oder nach dem Gottesdienst und im Idealfall außerhalb des Kirchenraumes stattfinden konnten. Dadurch wurde deutlich, dass das kein Teil des Gottesdienstes ist. Darüber gab es einen Kirchenvorstands-Beschluss, den die Pfarrer als Rückendeckung anführen konnten.
Beispiel: Bei der Trauung eines Karnevalsprinzen gab's halt hinterher auf dem Kirchenvorplatz den Spielmannszug, Kamelle und Konfetti. Damit konnte jeder leben - außer dem Küster, der hinterher den ganzen Dreck zusammenkehren musste. Ursprünglich wollte die Hochzeitsgesellschaft in der Kirche mit Pappnase und "Helau" antreten.

LG
Michael


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14.05.2022 11:02 (zuletzt bearbeitet: 14.05.2022 11:06)
avatar  Sc1978
#22 RE: Da denkt man immer ...
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Wo ziehst du da die Grenze?

Ist ein Fuge aus dem WTK noch möglich? Ist doch nicht explizit Kirchenmusik.

Hier wurde neulich der Variationssatz aus Mozarts A-Dur
Sonate gewünscht, klingt apart auf der Orgel....

Bei meinem letzten Wien Besuch erklang im Stephansdom Sub Communione der langsame Satz aus Mozarts Klarinettenkonzert.....

....

Plz 40591

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14.05.2022 11:22
#23 RE: Da denkt man immer ...
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Administrator

Offensichtlich gibt es unterschiedliche Regelungen, je nach Kirche bzw. je nach handelnden Personen.
Soll jeder seine persönliche Grenze ziehen - anders ist es ja gar nicht denkbar.


Ich verkaufe meine Orgel, eine Gloria Concerto 234 Trend DLX. Bei Interesse bitte PN oder Mail.

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14.05.2022 11:23
#24 RE: Da denkt man immer ...
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Moderator

Ich setze die Grenze genau da, wo sie verläuft. WTK würde ich nicht spielen, f-moll-Fuge 534/2 schon. Mozarts A-Dur-Sonate ist herrlich - aber keine Kirchenmusik. Dasselbe gilt für Mozarts Klarinettenkonzert. Es gibt Bearbeitungen aus Mozarts "Requiem" für Orgel und Soloinstrument. Irgendwo habe ich auch ein gut gemachtes Orgelarrangement des "Lacrimosa dies illa". In einem kath. "Seelenamt" kann ich mir das gut vorstellen.
Es ist natürlich auch eine Frage der Inkulturation.
Hier im ev. geprägten Mittelhessen werden auf den Dörfern Choräle gesungen. Und zwar im Fortissimo. In den Städten singt bei den meisten Trauerfeiern niemand mit. Bei den Katholiken hier beobachte ich, dass generell niemand mitsingt. Anderswo mag es anders sein.
Ich bevorzuge in "stummen" Gemeinden Orgelmusik mit deutlich erkennbarem c.f. bekannter Trauerchoräle. "Christus, der ist mein Leben", "Jesus, lebt, mit ihm auch ich", "Ach wie nichtig, ach wie flüchtig" in qualitativ gediegenen Bearbeitungen (Bach, Walther, Böhm, Pachelbel) wecken beim Hörer immer Assoziationen. Und ja: Auch Siggi Fietz' "gute Mächte" haben da ihren Platz. Gerade wegen des Bonhoeffer-Textes.
Ich habe mal - die Trauergemeinde bestand überwiegend aus russlanddeutschen, pietistisch geprägten Spätaussiedlern - über "So nimm denn meine Hände" variiert. (Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist das kein Hochzeitslied, sondern ein Trauerchoral.) Die Pfarrerin erkannte, dass das bei den Hörern sofort Reaktionen auslöste. Sie legte ihr Predigtmanuskript beiseite und improvisierte eine Liedpredigt über die Choralverse, die in puncto Textausdeutung vom Feinsten war, die Leute exakt in ihrer Befindlichkeit traf und sie an der Hand nahm.
Die Gemeinde war tief bewegt.

LG
Michael


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14.05.2022 11:35
avatar  trm
#25 RE: Da denkt man immer ...
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trm

Ich habe eine CD vorbereitet, ganz ohne Orgel, da muss die Play-Taste 6x gedrückt werden:

- Crucifixus/Et resurrexit
- Confiteor/Et expecto
- Ach Herr, lass dein lieb Engelein

Ich bin Atheist.


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14.05.2022 11:38 (zuletzt bearbeitet: 14.05.2022 11:50)
avatar  Sc1978
#26 RE: Da denkt man immer ...
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Da stellt sich mir die Frage nach dem Unterschied zwischen einem geistlichen und weltlichen F-Dur Akkord

Spiele ich die Sinfonia aus BWV 156 ist es geistlich, das gleiche Stück aus dem f-Moll Cembalokonzert ist weltlich?

Müsste übrigens beides als Bearbeitung gespielt werden.

Plz 40591

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14.05.2022 11:52
#27 RE: Da denkt man immer ...
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Administrator

Die "alten Hasen" mögen sich noch an die Anfangszeit des Forums erinnern, als der Begriff "Sakralorgel" diskutiert wurde - und auch auf Kritik stieß. Mein lieber Freund + PeterW ätzte gerne, dass es doch auch keine Sakralgeige gäbe...

Irgendwie fühle ich mich daran erinnert und es drängt sich mir die Frage auf: Was ist eigentlich Kirchenmusik?
Ist es Musik, die in der Kirche erklingt? Oder nur Musik, die explizit für die Kirche (eigentlich: für die Liturgie) komponiert wurde? Oder kann noch ganz anders definiert werden? Spielt am Ende gar die persönliche Religiosität der Musizierenden eine Rolle? Plany schrieb doch in seinem berühmten Buch "Gerettet vom Stephansdom", dass ihm von manchen zur Last gelegt wurde, dass er sich als Agnostiker deklariert hatte. Bitte korrigiert mich, falls ich das falsch in Erinnerung habe.

An einem Dom, wo ich Dienst tat, wurde einmal zur Aussetzung des Allerheiligsten Bachs "Air" musiziert. Kirchenmusik?
Wenn ich am Sonntag zur Kommunion improvisiere (mal besser, mal schlechter), ist das m.E. Kirchenmusik - auch wenn es hinter vielen Qualitätsstandards zurückbleibt und keineswegs immer "choralgebunden" ist (um die evangelische Sprachregelung aufzunehmen).
Wie aber ist es, wenn ein Organist im Mai "Komm, lieber Mai und mache" zur Kommunion präludiert? (So vor kurzem in meinem Wirkungskreis geschehen...)

Über die "Taufe" weltlicher Melodien durch Luther und andere wurde immer wieder hier im Forum diskutiert.

Was also "ist" Kirchenmusik?
Und wann "wird" etwas zur Kirchenmusik?


Ich verkaufe meine Orgel, eine Gloria Concerto 234 Trend DLX. Bei Interesse bitte PN oder Mail.

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14.05.2022 11:58
avatar  Sc1978
#28 RE: Da denkt man immer ...
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Auch zu diesem Thema gab es vor einigen Jahren hier in Düsseldorf ein mehrtägiges Symposium mit heftigen Diskussionen. Ich muss mal nachsehen, ob ich den Bericht dazu noch finde.

Plz 40591

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14.05.2022 12:05
avatar  Sc1978
#29 RE: Da denkt man immer ...
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https://www.google.com/url?sa=t&source=w...b99OZhlN1ozxNJ8

Hier der Link zur Dokumentation. Die Diskussionen sind natürlich nicht komplett dabei....

Plz 40591

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14.05.2022 12:10
avatar  Sc1978
#30 RE: Da denkt man immer ...
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Zitat Gemshorn:
"Wie aber ist es, wenn ein Organist im Mai "Komm, lieber Mai und mache" zur Kommunion präludiert?"

Im Mai ist es zu spät....er soll ja erst noch kommen. ;-)

Ich habe "Wie lieblich ist der Maie" genommen, das ist ja auch "getauft" im GL 465

Plz 40591

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