Orgel in der Kirche des Freilandmuseums Fladungen

12.09.2021 11:26 (zuletzt bearbeitet: 12.09.2021 12:18)
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#1 Orgel in der Kirche des Freilandmuseums Fladungen
pv
pvh

Hallo,

im Fränkischen Freilandmuseum Fladungen steht eine aus Leuterhausen bei Bad Neustadt versetzte Kirche, die ihre Orgel mitgenommen hat. Die Orgel stellt nach der Orgel-Datenbank in der Bayerischen Staatsbibliothek (Quelle für dei Datenbank: Fischer, W., Östl. Unterfranken, 1981, S.68) einen Neubau von Martin Schlimbach (Würzburg) aus dem Jahr 1903 dar, wobei das alte Gehäuse (Rokokoprospekt um 1750) verwendet wurde, das zu der Orgel der Kapelle St. Josef in Bischofsheim gehörte. Diese Orgel war 1805 nach Leutershausen verkauft worden.

Disposition 1903 (Datenbank):
Manual: Principal 8', Salicional 8', Gedackt 8', Flöte 8', Octav 4', Cornett
Pedal: Subbaß 16'
Kegellade, mechanische Spiel- und Registertraktur, freistehender Spieltisch.

Aktuelle Disposition (Reihenfolge der Manubrien von links nach rechts):
Manual: Hohlflöte 8', Salicional 8', Gedeckt 8', Prinzipal 8', Oktave 4', Mixtur 2 2/3' 3fach
Pedal: Subbaß 16'
Pedalkoppel, Tutti-Tritt.

Ich konnte diese Orgel, auf der sich aktuell kein Schildchen eines Herstellers befindet, ausprobieren und habe mich auch mit der Museumsleiterin unterhalten. Aus dem Gespräch ergaben sich ein paar Fragen:

1) Weiß jemand, ob und ggf. inwieweit Schlimbach auf altes Pfeifenmaterial zurückgegriffen hat? Wie könnte man das in Erfahrung bringen?

2) Die farbliche Gestaltung der linken Seite des Gehäuses legt nahe, dass dort ursprünglich (vor 1903) der Spieltisch angebracht war. Weiß jemand etwas dazu?

3) Nach 1903 gab es Veränderungen: Ein Motor wurde eingebaut, die Registernamen wurden leicht verändert. Weiß jemand etwas dazu? Interessant wäre auch, ob die Register nur umbenannt und ggf. umintoniert wurden, oder ob Pfeifen ausgetauscht wurden?
Was könnte denn das Cornett ursprünglich genau gewesen sein? Eine nichtrepetierende terzhaltige Mixtur?
Weiß jemand, welche Orgelbaufirmen beteiligt waren? (etwa Hey in Urspringen oder Markert/Hofmann in Ostheim)?

4) Die Orgelbank passt von Holzart, Farbe und Qualität der Ausführung nicht zum wesentlich hochwertiger ausgeführten Spieltisch. Vom Stil her passt er aber in die Zeit um die Wende zum 20. Jahrhundert. Wo könnte der herstammen? War das üblich, mit einem wertigen Spieltisch ein altes Sitzmöbel zu kombinieren?

Danke für jeden Hinweis!

Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.


P.S.: Ein Besuch des Museum lohnt sich sehr! Es befindet sich direkt neben dem Endbahnhof der Streutalbahn. Am Bahnhof gibt es einen Laden mit regionalen Spezialitäten (hervorragende Wurstwaren) sowie einen Biergarten am historischen Gasthof. Auch im Museum Gastronomie.


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12.09.2021 15:03
#2 RE: Orgel in der Kirche des Freilandmuseums Fladungen
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Ich habe über die Recherche in der Literatur-Datenbank der GdO folgende Fundstelle aufgespürt:

Fischer, Hermann / Wohnhaas, Theodor:
Beiträge zur Orgelgeschichte von Leutershausen. Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 84, 1967/68, 212-227.

Hermann Fischer könenn wir nun nicht mehr fragen; er ist 2020 verstorben. Einer der besten Kenner der unterfränkischen Orgrellandschaft lebt noch: Prof. Alfred Reichling in Würzburg, ehemaliger Präsident der GdO. Ggf. könnte ich einen Kontakt vermitteln - dann bitte per PM.
Beste Grüße,
Willi


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12.09.2021 15:09
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#3 RE: Orgel in der Kirche des Freilandmuseums Fladungen
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pvh

Hallo,

Zitat von kargelertfan im Beitrag #2
Fischer, Hermann / Wohnhaas, Theodor:
Beiträge zur Orgelgeschichte von Leutershausen. Jahrbuch des Historischen Vereins für Mittelfranken 84, 1967/68, 212-227.

im ersten Moment dachte ich: "O super, super, eine Quelle."
Dann allerdings wurde mir klar, dass sich der Artikel auf Leutershausen bei Ansbach in Mittelfranken bezieht und nicht auf Leutershausen in Unterfranken, das zur Gemeinde Hohenroth gehört...

Aber trotzdem vielen Dank für die Unterstützung!

Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.


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12.09.2021 17:05 (zuletzt bearbeitet: 12.09.2021 17:06)
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#4 RE: Orgel in der Kirche des Freilandmuseums Fladungen
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Zu 3)

Beim Vater von Martin Schlimbach, Balthasar Schlimbach, findet sich das Cornett immer als durchlaufende, nichtrepetierende Gruppe aus 2 2/3', 2', 1 3/5', wobei die Terz meist erst ab g0 hinzutritt. Das Cornett ist also nicht nur als Solo-Register sondern, gerade bei einmanualigen Werken, auch als romantische Progressio II-III zu verstehen.


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12.09.2021 19:53 (zuletzt bearbeitet: 12.09.2021 19:54)
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#5 RE: Orgel in der Kirche des Freilandmuseums Fladungen
Gast
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Die Orgel ist auch verzeichnet in der Monographie Hermann Fischer: "Die Orgelbauerfamilie Schlimbach in Würzburg, Speyer und Königshofen", Kommissionsverlag Ferdinand Schöningh Würzburg, 2013 und basiert lt. Angabe dort auf eigenem Befund von Fischer vom April 1972. Dort heißt es: "Kegellade, mechanische Traktur, freistehender Spieltisch aus Eichenholz. Der von Schlimbach eingereichte Gehäuse-Entwurf wurde von der Behörde abgelehnt. Sie machte ihre Zustimmung abhängig von der Wiederverwendung des alten Gehäuses, wie es dann auch erfolgt ist. [...] Schlimbach musste das etwas zu schmale Gehäuse umgestalten und verbreitern (von 2,35m auf 2,85m)." Vllt. stellt das einen Hinweis bzgl. Punkt 2) dar. Bzgl. Punkt 1) sagte die Monographie lediglich, dass das ursprünglich als Gebrauchtorgel ersteigerte Instrument 1891 bereits irreparabel gewesen sei und dass die Kirchenverwaltung 1901 beschlossen habe, eine neue Orgel anzuschaffen (es folgt die Angabe von Schlimbachs Disposition).


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12.09.2021 20:02 (zuletzt bearbeitet: 12.09.2021 20:04)
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#6 RE: Orgel in der Kirche des Freilandmuseums Fladungen
pv
pvh

Hallo,

Zitat von Biffaro im Beitrag #5
Die Orgel ist auch verzeichnet in der Monographie Hermann Fischer: "Die Orgelbauerfamilie Schlimbach in Würzburg, Speyer und Königshofen" [...] Dort heißt es: "Der von Schlimbach eingereichte Gehäuse-Entwurf wurde von der Behörde abgelehnt. Sie machte ihre Zustimmung abhängig von der Wiederverwendung des alten Gehäuses [...] Schlimbach musste das etwas zu schmale Gehäuse umgestalten und verbreitern (von 2,35m auf 2,85m)."
[...]
Zu Punkt 1) sagte die Monographie lediglich, dass das ursprünglich als Gebrauchtorgel ersteigerte Instrument 1891 bereits irreparabel gewesen sei und dass die Kirchenverwaltung 1901 beschlossen habe, eine neue Orgel anzuschaffen


Danke! Ich denke, das sind sehr wichtige Hinweise!

Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.


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12.09.2021 20:10
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#7 RE: Orgel in der Kirche des Freilandmuseums Fladungen
Gast
( gelöscht )

Bitte sehr, gerne! Ich selbst hatte bereits bei eigenen Orgelforschungen einen originalen, allerdings Balthasar-Schlimbach-Vertrag (also vom Vater) in den Händen. Der Vertrag ging auch über einen Orgelneubau, in welchem Teile der Vorgängerorgel wiederverwendet wurden. Im Vertrag wurde dies jedoch nur als "Option" erwähnt, unter entsprechender Minderung des Kaufpreises der Orgel - keine Details, welche Teile genau oder gar welche Register wiederverwendet werden sollten. Um eine Substanzanalyse kommt man da freilich nicht rum.


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