Gerade habe ich bemerkt, dass die bedeutende französische Konzertorganistin Jeanne Demessieux im Februar 100 Jahre alt geworden wäre. Ich bin wohl nicht der einzige, dem das im "Jahr der Orgel" nicht sofort aufgefallen ist.
Jeanne Demessieux war Titularin der Madeleine. Die Dupré-Meisterschülerin starb im Alter von nur 47 Jahren - an einer banalen Mandelentzündung.

In der Madeleine spielte sie für ein englisches Label Anfang der 60er zwei Platten mit Orgelwerken von César Franck ein. Auch aufnahmetechnisch waren diese Platten sensationell. Erstmals war es gelungen, einen 32' bis ganz unten hin einzufangen. Und die Tontechniker hatten es sogar geschafft, das latente "Grundrauschen" der Metropole Paris, das auch nachts nicht aufhört und Kirchenmauern durchdringt, weitgehend auszuschalten. (Bis heute ein oft nur mittelprächtig gelöstes Problem bei Orgelaufnahmen in Pariser Kirchen.)

Die besondere Sensation war jedoch ihr Spiel: einerseits hochvirtuos, andererseits abgeklärt und voller spiritueller Tiefe. Ich habe nie mehr Francks E-Dur-Choral so gelassen-spannungsvoll gehört als auf dieser Aufnahme, die während eines Schulausfluges nach Paris in meinen Besitz gelangte. In der Nähe des Arc de Triomphe gab es damals einen riesigen Plattenladen, der jede in Frankreich lieferbare Schallplatte am Lager hatte. Bei jedem Paris-Besuch in meiner Adoleszenz habe ich da mein gesamtes Taschengeld auf den Kopf gehauen.

Mit Freude habe ich daher diese Aufnahme beim Stöbern auf YT entdeckt:

https://www.youtube.com/watch?v=SayEWSY83e0

Und schon vor einigen Jahren registrierte ich, dass das Speziallabel "Festivo" aus NL die Aufnahmen als Remake auf Doppel-CD anbietet. Natürlich habe ich sofort zugeschlagen. Denn die Platten sind nach mehr als 50 Jahren nicht mehr so ganz präsentabel.

https://www.festivo.nl/muziek/2312/jeann...orks-for-organ/

So richtig audiophil ist YT ja nicht.
Wer sich wirklich an den Aufnahmen delektieren will, kommt am Kauf der CD-Box kaum vorbei.

LG
Michael

Ja, auch ihre eigenen Werke sind viel zu selten zu hören - was u.a. daran liegt, dass sie sauschwer zu spielen sind - vor allem die "Etudes". Jeanne Demessieux war von einer tiefen Frömmigkeit und Spiritualität durchdrungen. Das hört man vor allem in ihren Werken über gregorianische Themen. Diese Musik klingt "ätherisch", ist aber ungemein heikel zu spielen.
Irgendwo habe ich noch eine Motette-Ursina-CD mit Aufnahmen. Aber diesen Teil meines CD-Fundus' habe ich noch nicht ins neue Ordnungs- und Sortierungssystem eingearbeitet.

LG
Michael