Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?

23.09.2019 09:03
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#1 Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
PM
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Liebe Orgelfreunde

Hat jemand Erfahrung mit dem Buch von Hans Fagius, Johann Sebastian Bach (1685–1750), 49 Organ Works, Pedagogical Edition with Fingerings and Interpretation Suggestions (sheet and text volume)?

Fragen an dich:
1. Ist es empfehlenswert für einen Organisten (mich), der im Legato-Stil aufgewachsen ist und nun 'historische' Fingersätze ausprobieren möchte? Oder sind diese "alten" Fingersätze so umständlich und komisch, dass ich besser aufgeben und bei den Alten bleiben kann?
2. Ist eine "gute" Barock-Artikulation, mit "legato-stil" Fingersatz erreichbar? Oder ist "Retraining" mit alte Fingersätze notwendig?

Hintergrund:
Die meiste Stucke spiele ich schon lange, sei es mit 'Legato-stil' fingerstaz. Ich versuche jedoch zu spielen mit "Barocke" Artikulation (non-legato), aber das Ergebnis gefällt mich nicht. Daher probiere ich selbst schon 'alte' fingersatzen aus, aber auch das gefällt mich nicht, ich habe vielleicht einfach zu wenig schulung um 'alte' fingersatzen zu versuchen und ein musikaliches Resultat zu bekommen.

Die Preis soll kein problem sein, nur €51,80.

Gerne Beratung!

„Bach ist Anfang und Ende aller Musik, auf ihm ruht und fuszt jeder wahre Fortschritt“  - Max Reger


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23.09.2019 09:17
#2 RE: Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
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Moderator

Gerade wenn es um Bach-Interpretation geht, haben wir heutzutage einen Pluralismus, den ich durchaus sympathisch finde. Mit den Extremen kann ich nicht viel anfangen, weder mit dem Überlegato à la Walcha noch mit der Hackerei, die sich als "historisch" ausgibt. Dazwischen gibt es aber m.E. viele intelligente Lösungen. Und man darf durchaus hören, aus welcher Schule ein Interpret kommt.
Meine Generation hat - jedenfalls links des Rheins - überwiegend aus der Dupré-Ausgabe gelernt. Ich verwende sie heute noch sehr gern, vor allem wegen der ausgeklügelten Fußsätze, die allerdings ein Normpedal voraussetzen. (Deshalb treibt mir jedes amerikanische Pedal Angstschweiß auf die Stirn.)
Vor mehr als 20 Jahren habe ich mal einen Kursus bei Ewald Kooiman besucht, um mir Anregungen zu holen, etwas "authentischer" zu spielen. Die habe ich auch bekommen - allerdings nicht im Sinne eines Dogmas, dass es "nur so und nicht anders" zu machen sei. Er stellte uns die verschiedenen Spieltraditionen überzeugend vor. Ich war der einzige, der noch mit Dupré anrückte. Und Kooimans Rat lautete: "Machen Sie das ruhig weiter so. In ein paar Jahren muss es noch Leute geben, die das so machen können."
Mich hat seine undogmatische, diskussionsfreudige Art sehr beeindruckt.

LG
Michael


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23.09.2019 10:09
#3 RE: Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
cl

Ich darf Bach so spielen, wie ich ihn fühle, nach Dupre und ab und zu gepaart mit Nonlegato

Liebe Grüße vom Clemens

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23.09.2019 22:15
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#4 RE: Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
PM
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Meine Herren, vielen Dank für Ihre Antworten. Tatsächlich sagst du "hab einfach Spaß beim Spielen". Und das stimmt natürlich. Keine dogmatischen Interpretationen, das ist auch nicht mein Ziel.

Trotzdem, mit mein aktuellen Bach-spiel bin ich nicht zufrieden. Ich will besser. Natürlich kann ich wieder Unterricht nehmen, aber ich bin auch ein bisschen Heimwerker. Und ich dachte, vielleicht gehet das am Besten mit eine 'Historisierende' fingersatz.

Ich bleibe gespannt, ob es im Forum Leute gibt, die die Band von Fagius kennen oder sogar damit gearbeitet haben.

Mit freundlichen Grüßen
PM

„Bach ist Anfang und Ende aller Musik, auf ihm ruht und fuszt jeder wahre Fortschritt“  - Max Reger


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23.09.2019 22:17
#5 RE: Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
Me

Natürlich darf jeder Bach spielen wie er mag, aber für mich ist Dupre definitiv Vergangenheit.
Ich spiele Bach mit diversen Artikulationsregeln, aber nicht gehackt. Dass so viel geforscht wurde, wie man Bachs Musik gespielt haben könnte, finde ich sehr interessant und manches erschließt sich einfach besser, wenn man nicht legato spielt. Dass Bach aber vorbachsche Fingersätze vorschrieb, ist für mich nicht denkbar, war er doch als höchst virtuos und gar nicht der Norm entsprechend bekannt. Er hat bestimmt schon den Daumen und den Absatz mit verwendet. Also mich würde die Neugier zwicken und ich würde das Buch kaufen und schauen, wohin es führt.
Das wichtigste bleibt dennoch - Bachs Musik musikalisch zu spielen, sei dies nun aufführungspraktisch dominiert oder aus dem Verständnis des 19. Jahrhunderts heraus, dann wird die Musik schön und verständlich.

LG
Metallgedackt


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24.09.2019 07:13
#6 RE: Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
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Moderator

Dem ist nix hinzuzufügen.
Ja, klar, Dupré ist ein Museumsstück. Aber Museumsstücke sind meistens auch irgendwie "schön".
Egal, wie man spielt: Dabei muss Musik herauskommen und keine Notenmathematik.

LG
Michael


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28.09.2019 17:53
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#7 RE: Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
PM
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Liebe Leute,

ich habe jetzt ein PDF vom Verlag gefunden, https://www.gehrmans.se/butik/undervisni...gan-works-12727, anhand dessen sich ein sehr gutes Bild formen lässt. Tribut!.

Obwohl die Seiten, selbstverständich, mit einer "nicht-alles-darf-gelesen-werden" 'strip' versehen sind (wie heißt das auf Deutsch?), habe ich einige Fragmente von mir bekannter Stücke mit dem von Fagius vorgeschlagenen Fingersatz ausprobiert. Das ist ganz nicht einfach! Man verfallt automatisch in Ihrem eigenen Fingersatz. Im Grunde muss man das betreffende Stück quasi völlig erneut lernen - eine ziemliche Herausforderung.

Ich werde es ein paar Tage üben und dann entscheiden, ob ich mich die Bände kaufe oder nicht. Denn es sieht sehr schön aus. Aber die übeaufwand - ich weiss nicht ob ich das schaffen kann…..

LG PM

„Bach ist Anfang und Ende aller Musik, auf ihm ruht und fuszt jeder wahre Fortschritt“  - Max Reger


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07.05.2020 21:46
#8 RE: Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
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Zitat von Wichernkantor im Beitrag #6
Dem ist nix hinzuzufügen.
Ja, klar, Dupré ist ein Museumsstück. Aber Museumsstücke sind meistens auch irgendwie "schön".
Egal, wie man spielt: Dabei muss Musik herauskommen und keine Notenmathematik.

LG
Michael

Ich glaube es war CPE Bach der sagte "aus der Seele muß man spielen und nicht wie ein abgerichteter Vogel! Wird heute leider gerade unter Organisten selten beachtet...


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07.05.2020 21:58
#9 RE: Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
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Auch wenn ich die Ausgabe nicht kenne schreibe ich doch zwei Takte zum Thema. Ich habe eine Zeit lang ebenfalls mit alten Fingersätzen gearbeitet, bin aber völlig davon weggekommen, weil ich es 1. für nicht praktikabel halte, wenn man zur gleichen Zeit neben Bach auch Reger, Messiaen und Widor u.ä. spielt und 2. das (zu wenig beachtete) Problem nicht der Fingersatz sonder die Anschlagstechnik ist. Wer an seinem Anschlag arbeitet wird sehen (und vor allem hören), daß sich der Orgelklang verbessert (ich übe deshalb oft an der selben Orgel mit der selben Registrierung), ich spiele Bach zumeist auch mit einem Legato-Fingersatz, trotzdem aber nicht Legato. Erklären kann man das schwer, aber grundlegend ist, daß man ohne Armgewicht spielt und sich die Finger bewegen, dadurch entsteht das ordentliche Fortgehen (eine Folge von Tönen die nicht durch Löscher getrennt ist, aber bei der alle Absprachen und Ansprachen der Töne hörbar sind, was beim absoluten Legato nicht mehr der Fall ist. Aber Vorsicht. Da kann man jahrelang dran üben!


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07.05.2020 22:30
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#10 RE: Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
PM
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Zitat von Clarinette 8 im Beitrag #9
2. das (zu wenig beachtete) Problem nicht der Fingersatz sonder die Anschlagstechnik ist. Wer an seinem Anschlag arbeitet wird sehen (und vor allem hören), daß sich der Orgelklang verbessert
Danke für die Beitrag, sehr wertvoll und erleuchternd. Ich habe einmal irgendwo gelesen, das erste was Bach seine schüler lernte war die saubere Anschlag, ich ware das bisher aber wieder vergessen. Und das 'problem' mit Reger usw ist Real. Aber für mich gilt das mein Anschlag verbessert ist durch die Fingersatz von Fagius. Vielleicht komme ich einmal auch davon weg, wie du.

In übrige gebe ich ihn (und Wichenkantor!) zu: was rauskommt ist wichtig, nicht die Fingersatz oder was auch. Ich meine Praetorius hat gesagt 'die fingersatz ist nicht wichtig, al spielt man mit die Nase, wichtig ist nur was heraus kommt, es muss einfach gut klingen'. Oder so etwas.
Also, Dupre, Fagius oder was, wenn 's klingt und wenn 's eine gefällt, dann ist 's gut.

„Bach ist Anfang und Ende aller Musik, auf ihm ruht und fuszt jeder wahre Fortschritt“  - Max Reger


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07.05.2020 22:56 (zuletzt bearbeitet: 07.05.2020 22:57)
#11 RE: Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
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Ganz interessant zu dem Thema sind auch die vier Videos (drei mit Ingo Bredenbach, eines mit Daniel Roth) unter dem Titel "Von der Natürlichkeit der Fingerverteilung in der Musik von J.S.Bach" auf dem Youtube-Kanal von ORGANpromotion. Auch wenn ich manches persönlich anders sehe, ist es doch sehr interessant erzählt.

Es mag sein, dass nicht alle Musiker an Gott glauben; an Bach jedoch alle. - Mauricio Kagel

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07.05.2020 23:05 (zuletzt bearbeitet: 08.05.2020 06:20)
#12 RE: Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
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Wer je bei einem der bekannten historischen Aufführungspraktiker Unterricht hatte, weiß, dass eine der Haupterkenntnisse darin besteht, dass letztlich das Ohr entscheidet. Eine breite Wissensgrundlage kann helfen.
Wer mit alter Aufführungspraxis nichts anfangen kann, sollte die Finger davon lassen. Ich habe vor vielen Jahren bei J. Laukvik die C Dur Triosonate komplett mit alten Fingersätzen vorgespielt. Das war vollkommen überzogen und Laukvik hat mir das auch so gesagt. ...

Viele Grüße
Villa da Gambe

seit Mai 2011   Gloria Excellent 360
seit April 2017  Gloria Concerto 355,
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08.05.2020 20:58
#13 RE: Bach: 49 Organ Works wiht Fingering from Hans Fagius - Empfehlenswert?
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Zitat von Viola da Gamba im Beitrag #12

Wer mit alter Aufführungspraxis nichts anfangen kann, sollte die Finger davon lassen. Ich habe vor vielen Jahren bei J. Laukvik die C Dur Triosonate komplett mit alten Fingersätzen vorgespielt. Das war vollkommen überzogen und Laukvik hat mir das auch so gesagt. ...

Viele Grüße
Villa da Gambe

Problem erkannt. Zumal wir ja im Heute und Jetzt leben und eben auch andere Musik als die von Bach kennen. Insofern bin ich überzeugt, daß die alten Fingersätze sicher zur damaligen Hörgewohnheit paßten, aber ob wir das heute gut fänden, wenn wir z.B. Bach live hören könnten? Musikalisch sicherlich, aber was das Tempo und Artikulation angeht habe ich so meine Zweifel.


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