Historische Orgeln Ostfrieslands als Hauptwerk Samplesets?

10.08.2019 22:00
avatar  mitteltönig ( gelöscht )
#1 Historische Orgeln Ostfrieslands als Hauptwerk Samplesets?
mi
mitteltönig ( gelöscht )

Liebe Organist_innen,

als leidenschaftlicher Interessent der Orgellandschaft Ostfriesland unter Berücksichtigung der Orgeln der Renaissance und des (Früh-)Barock (sowie Rysum als Vertreterin der Spätgotik) möchte ich fragen, ob Ihr irgendetwas davon mitbekommen habt, dass es mal Bestrebungen gegeben hat bzw. gibt, diese Klangjuwelen als Samplesets für Hauptwerk aufzuzeichnen? Orgeln wie in Rysum, Uttum, Westerhusen, Osteel etc. schreien doch geradezu danach, für Liebhaber_innen in Hauptwerk spielbar gemacht zu werden...

Liebe Grüße von

Robert!


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12.10.2019 21:04
#2 RE: Historische Orgeln Ostfrieslands als Hauptwerk Samplesets?
Fl

Hallo Robert,
ich habe deine Frage jetzt erst gesehen, da ich unregelmäßig ins Forum schaue. Nun wird es aber Mal Zeit für eine Antwort.
Wenn ich mit den Exkursionen des Organeums Weener dort unterwegs bin, geht es mir genau so. In der Tat sind es Juwelen und es immer ein tagelanges Nachwirken zur Folge. Schon öfters dachte ich: Die nehme ich mit, oder: die sollte es für Hauptwerk geben. Der Gedanke, die Schnitger in Weener, um ein Beispiel zu nennen, zu Hause spielen zu können, ist fast zu schön.
In den zurückliegenden Jahren hatte ich Deshalb Kontakte zu Sonus Paradisi sowie Wilfried Dahlke hergestellt. Sets oder Ankündigungen sind daraus bisher nicht geworden. Bis April diesen Jahres hatte sich niemand bei Herrn Dahlke gemeldet. Das hat vielleicht auch wirtschaftliche Gründe.
Die einzige Orgel, die verfügbar ist, ist die in Buttforde. Allerdings halte ich das letzte Release nur für begrenzt attraktiv, da zu direkt und wenig raumbezogen. Das ist jedoch Geschmacksache.
Gruß
Hans


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03.08.2020 00:31
avatar  mitteltönig ( gelöscht )
#3 RE: Historische Orgeln Ostfrieslands als Hauptwerk Samplesets?
mi
mitteltönig ( gelöscht )

Hallo Hans,

Zitat von Flachpfeife im Beitrag #2
ich habe deine Frage jetzt erst gesehen, da ich unregelmäßig ins Forum schaue. Nun wird es aber Mal Zeit für eine Antwort.


bitte entschuldige meine späte Antwort, aber mir geht's genauso... Ich muss mal wieder häufiger aktiv in diesem Forum sein!

Dein Hinweis auf die Buttforder Orgel ist sehr gut! Kannst Du genaueres über das Sample-Set der Orgel in Buttforde sagen (Anbieter, vielleicht sogar die Webseite)?

Liebe Grüße von

Robert!


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03.08.2020 01:55 (zuletzt bearbeitet: 03.08.2020 08:39)
avatar  Orgelkater ( gelöscht )
#4 RE: Historische Orgeln Ostfrieslands als Hauptwerk Samplesets?
Or
Orgelkater ( gelöscht )

Hallo Hans, hallo Robert,

vorletzte Woche traf ich noch einen alten Freund, der neben seinem eigentlichen Hauptberuf in der letzten Zeit zunehmend an Samplessets gearbeitet und Anbietern das entsprechende Material zur Verfügung gestellt hat. Dabei sind zuletzt auch Samplesets entstanden, die größere Instrumente zugänglich machen. Vielleicht zu wenig kommuniziert sind dabei auch die Hintergründe, die im zeitlichen Aufwand für die Erstellung eines Samples vorliegen. Wie weit dieser Aufwand getrieben wird, ist auch unterschiedlich. Wenn man/frau für jede Pfeife des auserwählten Instruments drei Aufnahmen (zwei unterschiedlich im Millisekundenbereich, eine im Mehrsekundenbereich samt den entsprechenden Hallkurven) vornimmt und das gleiche nochmals als Sicherung, kommt man relativ schnell einen Wert von einer Minute pro Pfeife - grob und vereinfacht gerechnet. Der Tastaturumfang mit der entsprechenden Pfeifenzahl (gemischte Stimmen werden gesamt aufgenommen) multipliziert mit der Registeranzahl ergibt dann den Zeitaufwand, nicht eingerechnet die Mikrophonierung, technischen Aufbau und ähnliches. Da bei historischen Instrumenten die Tasten natürlich manuell betätig werden, ergibt dann für das Samplematerial einen Zeitansatz der schon bei kleineren Instrumenten den einer CD-Aufnahme übertrifft - Manpower nicht eingerechnet.

Der Löwenanteil liegt in der Nachbearbeitung der einzelnen Samples, die einzeln angehört werden und bei Bedarf auch kontrolliert werden wollen auf Stimmung, Nebengeräusche, evtl. Ausgewogenheit der Lautstärke usw. Dies ist vergleichbar mit der Arbeit eines Intonateurs und bei großen Samplesets - so die Info meines Freundes - kommen auch mehr als 30.000 Arbeitsschritte am PC zur Fertigstellung des entsprechenden Sets zustande. Hinzu kann das Rendering der Spielanlage auch sehr aufwändig sein.

Das bedeutet in der Folge, dass das Launching eines Samplesets vor allem eine Frage der Zeit ist, ein Faktor der nicht überwunden werden kann. Auch wenn es nicht vergleichbar ist, eine Orgel-CD kann man/frau - wenn alles koordiniert ist - innerhalb von kurzer Zeit auf den Markt kriegen., ein hochwertiges Sample eben nicht.

Die diversen Samplesetanbieter sind ja auch keine große oder mittlere Unternehmen, sondern -wenn überhaupt- nur mit wenigen Leuten "besetzt". Eine parallele Bearbeitung ist daher zumindest problematisch. Eher erscheint mir im Bezug von Arbeitsaufwand und Preis des Samplesets im Zusammenspiel mit evtl. zu tragender Orgelstimmung und Kirchen- bzw. Raummiete und vielen anderen Nebenkosten eine Form von Selbstausbeutung vorzuliegen. Dass dabei auch gewisse Einsparungsmögliohkeiten vorhanden sein können, mag so manche Instrumentenwahl erklärbar machen.

Aufgrund des vergleichsweise inflationären Angebots im Bereich der Sets, dessen Sinnhaftigkeit auch hinterfragt werden darf , muss sich jeder Anbieter fragen, wie er sich positioniert und was auch verkäuflich ist. Ich kann es zwar nicht belegen, aber ich vermute, dass viele neue HW-Anwender sich erst einmal mit den "Meisterstücken" versorgen und dass qualitativ hochwertige kleinere Instrumente erst einmal nur für wenige Interessenten in Betracht kommen. Dies passt auch zur Aussage eines Händlers, der mir im letzten Jahr mitteilte, dass die 2-manualigen HW-Modelle eigentlich nur Ladenhüter seien. Irgendwann wird einmal auch die Zahl neuer HW-Nutzer stagnieren mit den entsprechenden Konsequenzen für den Samplemarkt. Manchmal höhlt auch steter Tropfen den Orgelstein und private Initiativen können einen Fukus erzeugen.

Bitte versteht diese Zeilen auch nicht als Entmutigung, sondern als Versuch, einen wahrscheinlich wenig transparenten Arbeitsaufwand und eine Instrumentenwahl erklärbar zu machen.

Einmal eine Idee ins Blaue hinein: Eventuell könnte ja gerade bei kleineren Instrumenten und damit geringerem Arbeitsaufwand eine Subskription das Ganze anschieben. Dies ist ja in einigen Bereichen durchaus üblich und ermöglicht manchmal das entsprechende Projekt - selbst auch wenn ein Restrisiko übrig bleibt. Einer meiner verstorbenen Orgellehrer wäre in diesem Jahr 90 Jahre alt geworden. Da viele seiner schönen Kompositionen nicht veröffentlich sind, haben sich Freunde und Schüler nach Rücksprache mit einem Verlag zur Subkription eines Liederzyklus entschieden. Das Ergebnis durfte ich gestern in den Händen halten und war auch ein wenig stolz dabei. Vielleicht gelingt es ja mit "neuen" Wegen ein solches Sample auf den Weg zu bringen. Und hier könnte dieses Forum als auch andere einen Steigbügel bieten.

Liebe Grüße und vielen Dank für all Euer Engagement für die wertvolle ostfriesische Orgellandschaft!


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03.08.2020 08:06
#5 RE: Historische Orgeln Ostfrieslands als Hauptwerk Samplesets?
In

Zitat von mitteltönig im Beitrag #3


Dein Hinweis auf die Buttforder Orgel ist sehr gut! Kannst Du genaueres über das Sample-Set der Orgel in Buttforde sagen (Anbieter, vielleicht sogar die Webseite)?




Das Sample Set der Buttforde ist hier zu finden. Bei Orgelbits gibt es eine kurze Rezension. Allerdings finden sich kaum Demos im Netz (auf Contrebombarde ist bspw. nichts damit hochgeladen worden), vielleicht ein Indiz...


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03.08.2020 10:16
avatar  mitteltönig ( gelöscht )
#6 RE: Historische Orgeln Ostfrieslands als Hauptwerk Samplesets?
mi
mitteltönig ( gelöscht )

@Orgelkater:

Vielen Dank für Deine ausführliche Schilderung des Vorgehens zur Fertigung von Sample-Sets! Genau so habe ich mir das auch vorgestellt. Wenn man eine Orgel mit 50 Registern hat und jeder einzelne Ton jedes Registers wenigstens einmal, wenn nicht eben sogar mehrfach, aufgezeichnet wird, geht eine Menge Zeit allein schon für die Aufnahmen drauf. Genau wie Du sehe ich allerdings den Löwenanteil der Arbeit in der NACHbearbeitung.

Seit vielen Jahren nehme ich meine eigene Musik auf (mein zweites Standbein ist elektronische Musik) und mixe, schneide und mastere sie selbst. Überdies habe ich aus Spaß vor gut fünfzehn Jahren ein Cembalo, was bei uns in der Hochschule stand, Ton für Ton gesampelt, um die Samples in einem Software-Sampler zu Hause nutzen zu können. Und ich weiß noch, was das - allein bei den im Vergleich zu einer Orgel wenigen Einzeltonaufnahmen! - für eine Fummelei war, jede einzelne Aufnahme sauber zu schneiden, die Loop-Punkte in der Audiodatei ausfindig zu machen (dafür gibt es heutzutage Gott sei dank Software, die automatisch geeignete Loop-Punkte ausfindig machen kann - wenn allerdings auch nicht immer perfekt) und alles korrekt benannt zu exportieren. - Bei den GUIs der Orgeln für Hauptwerk frage ich mich schon seit längerer Zeit, wie genau die teilweise sehr gelungenen Grafiken anfertigt werden - sind die komplett gerendert (z.B. mit Blender, Cinema 4D) oder bestehen diese aus einer Mischung zwischen originalen Fotografien UND einem 3D-Render?

Bleibt zu hoffen, dass die wertvolle ostfriesische Orgellandschaft es schafft, auf lange Sicht hin den Klang ihrer Instrumente zu digitalisieren. Ich denke da nicht nur an private Hauptwerkfreaks, die ihre Sammlung mit diesen Samplesets ergänzen können, sondern auch an Musikstudent_innen, die mit den Klängen dieser historischen Orgeln üben können, ohne damit die Orgeln selbst permanent aufsuchen zu müssen. Es könnte aber vielleicht auch Bestrebungen in der ansässigen Orgelszene geben, gerade solche Digitalisierungen dieser Instrumente zu verhindern, getreu dem Motto "Keine Vervielfältigungen unserer Orgeln!", um den Wert der originalen Instrumente nicht zu "schmälern"... aber das wäre nur eine Vermutung.


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03.08.2020 10:23
avatar  mitteltönig ( gelöscht )
#7 RE: Historische Orgeln Ostfrieslands als Hauptwerk Samplesets?
mi
mitteltönig ( gelöscht )

Zitat von Insulaner im Beitrag #5
Das Sample Set der Buttforde ist hier zu finden. Bei Orgelbits gibt es eine kurze Rezension. Allerdings finden sich kaum Demos im Netz (auf Contrebombarde ist bspw. nichts damit hochgeladen worden), vielleicht ein Indiz...



Vielen Dank für den Hinweis und die Links!!! Ich kann Deine Angaben jetzt ergänzen: Der Anbieter für die Buttforde-Samples ist Dirk Menzenbach. Auf seiner Webseite wird genau beschrieben, wie er das Instrument aufgenommen hat (Mikrophonierung, verwendete Aufnahmegeräte und -software). Die Audiodemos klingen gut und sind ebenfalls auf seiner Webseite zu hören.


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03.08.2020 11:26
avatar  wohli
#8 RE: Historische Orgeln Ostfrieslands als Hauptwerk Samplesets?
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Ich habe das Instrument 2012 im Original mal kurz befingert, als ich einen Vortrag im dortigen Gemeindehaus gehalten habe. Sehr schöner Klang!

LG Bernd


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03.08.2020 12:55 (zuletzt bearbeitet: 03.08.2020 12:58)
avatar  Orgelkater ( gelöscht )
#9 RE: Historische Orgeln Ostfrieslands als Hauptwerk Samplesets?
Or
Orgelkater ( gelöscht )

Lieber mitteltönig,

nach meinen Informationen kann man nicht so genau sagen, wie jetzt die einzelnen Samplesetanbieter mit dem Rendering umgehen. Wie Du richtig vermutest, gehen manche wirklich von den Fotographien aus, was einen erheblichen Zeitaufwand bedeutet und letztendlich auch viel Erfahrung, wie sich bspw. Beschriftungen der Register vornehmen lassen. Erheblich vereinfacht ist der Aufwand, wenn digitale Konstruktionszeichnungen vorliegen und die Programme kompatibel sind. Dies setzt aber auch eine Kooperationsbereitschaft der Orgelbauer voraus. Da müsste ich aber auch einmal zuerst Erkundigungen einholen.

Genau wie Du habe ich vor einigen Jahren eine absolute Berechtigung von HW im Bereich der Lehre gesehen. Ziemlich unmittelbar sind verschiedene Klangbilder darstell- und vergleichbar. Das ist nach wie vor so. Hinzu kommt ja, dass man nicht überall den Orgeltypus für eine bestimmte Literatur vorfindet und so gut funktionierende Klanglösungen für andere Orgeltypen erarbeiten kann.

Für mich hat Hauptwerk eine zusätzliche Funktionen bekommen. Bei manchen zum Teil doch halligen Samples hört man sehr schnell, was in der Kirche ankommt und kann und wie man an seinem Anschlag/Artikulation etc. arbeiten muss.

Es mag sein, dass es vor Ort Widerstände gegen die Erstellung eines Sampleset gibt: Das Original gibt es nur hier! Gedanklich etwas kurz gegriffen, da ein Sample klanglich niemals das Original reproduzieren kann. Es kann ja auch durchaus ein Werbeeffekt sein. Manche geschäftstüchtigen Gemeinde verlangen für die Aufnahme Geld, manchmal durchaus auch heftige Summen. M.E. auch ganz legitim, wenn diese Gelder zum Geld der Orgel verwendet und nicht zweckentfremdet werden. Natürlich zahlt der Käufer diese "Miete" mit. Häufig sind Gemeinden aber auch Stolz darauf, ein "auserwähltes" Instrument zu besitzen und teilen diese Freude in christlicher Art und Weise.

In unserer heutigen Zeit und den finanziellen Tendenzen innerhalb der Kirchen wird es umso wichtiger sein, zukünftig Instrumente zu digitalisieren - und auch gerade die, die nicht so im Rampenlicht stehen.

LG Gruß


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