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Hofbauer Orgelbausatz
Hallo Forianer,
gestern abend hatte ich meinen ersten Dienst in meiner neuen Orgel-Gemeinde.
Dort steht eine zweimanualige Orgel, die von einem Gemeindemitglied aufgebaut worden ist.
Eine Hofbauer-Orgel. Nun, ich war dann nach der Messe mal im Internet, habe nach Hofbauer gegooglet.
Die Firma scheint es noch zu geben, allerdings finde ich auf der Seite nichts von Kirchenorgeln im Gegensatz zu den Drehorgeln. Gibt es da sonst noch in den unendlichen Weiten des Internets Bezugquellen von solchen Instrumenten?
#2 RE: Hofbauer Orgelbausatz
Die Firma existiert noch, baut aber "nur" noch Drehorgeln.
Das ursprüngliche Konzept war ein Baukastensystem für bis zu II/14 mit genormten Mechanikteilen. Durch Serienfertigung sollten die Kosten so niedrig wie möglich gehalten werden. Die arbeits- und kostenintensiven Teile des Zusammenbaues, das Einregeln der Mechanik, das Einrastrieren der Pfeifen bis hin zu Feinintonation und Stimmung konnte und sollte der Kunde übernehmen. Auf Wunsch und gegen entsprechenden Aufpreis übernahmen das aber auch Monteure der Firma, was den ergeblichen Preisvorteil ganz oder tweilweise zunichte machte.
Es war durchaus möglich, die Disposition individuell zu gestalten - natürlich ohne Manualprinzipal 8' - die kompakten Windladen und die engen Kanzellen setzten dem physikalische Grenzen.
Ich kenne einige Gemeinden, die der Versuchung erlagen und einen Bausatz kauften - im Glauben, die Jugendgruppe der Gemeinde oder ein Senioren-Bastlerkreis könne "mal eben so" eine Orgel zusammenpfriemeln. Mit einer einzigen Ausnahme ging das schief.
Im mir bekannten Erfolgsfall kamen ein Modellschreiner und ein Werkzeugmacher zusammen. Beide Perfektionisten. Und für's Intonieren holten sie sich einen Fachmann. Ergebnis: Die Orgel klingt hell und freundlich, funktioniert tadellos und ist nach Aussage des regelmäßig pflegenden OBM "unkaputtbar".
Das Material, das Hofbauer lieferte, war übrigens durchweg hochwertig - Windladen, Trakturteile, Pfeifenwerk übertrafen oft das, was andere Firmen in den 70ern so "von der Stange" lieferten.
Die vielen erfolglosen Bastelversuche diverser Gemeinden waren schließlich Ursache, dass etliche Landeskirchen den Ankauf der Bausätze verboten.
Aber in einigen Privathäusern soll die Selbstmontage gut geklappt haben - aber ich habe noch keine dieser Orgeln live erlebt. Bei Ladach stehen einige zum Verkauf - ziemliche Ladenhüter - ich denke, weil sie halt aussehen wie eine Intonierlade.
Mit dem gewaltigen Qualitätssprung bei elektronischen und dann bei digitalen Orgeln Mitte der 80er Jahre erledigte sich das Geschäftsmodell und Hofbauer spezialisierte sich auf Drehorgeln.
FG
Michael
#3 RE: Hofbauer Orgelbausatz
Hallo Michael,
bis auf eine Aussage, kann ich alle Deine Ausführungen unterschreiben. Ich besaß immer noch einen Werbeprospekt, der sich allerdings nach 4 zwischenzeitlichen Umzügen nicht mehr wiederfinden läßt.
Es gab sehr wohl eine Möglichkeit (kurz vor Ende der Varia-Aera) einen voll ausgebauten Principal 8´ in die sogenannte "Hofbauer-Varia" zu bekommen.
Dazu waren Anbaukästen notwendig. Wenn ich recht erinnere war die tiefe Oktave elektrisch! Auf der Frankfurter Messe habe ich seinerzeit so ein Modell gespielt. Damals interessierte mich das als "Novität" angepriesene, nach einem speziellen Verfahren gehärtete Blei als Pfeifenmaterial. Der Name war PB mit einem zweistelligen Zahlenapendix.
Die Oberfläche sah auf den erten Blick wirklich wie Zinn aus.
In der kath. Kirche Hemmingen-Westerfeld (bei Hannover) stand (und müßte dort noch stehen) eine Varia II/P auf Princ. 2´ Basis. Intoniert hatte sie OBM Müller sen. aus Rietberg. Eine Bachsche Triosonate klang recht schön, zur Gemeindebgleitung fehlte für mein Ohr der A.... in der Hose. Auf Feuchtigkeitsschwankungen reagierte die Kleine allerdings in der Traktur ziemlich sensibel, um nicht zu sagen "bisweilen zickig".
Lieben Gruß,
Clemens
#4 RE: Hofbauer Orgelbausatz
Die Trakturprobleme, das z.T. "gummiartige" Spielgefühl, resultieren auf einem konstruktiven Detail: Die Traktur des Untermanuals ist nicht punktgelagert. sondern liegt auf einem Rahmen auf, der aus Stahlprofilen mit Rechteckquerschnitt (Kantenlänge 20 mm) besteht. Er ist mit einem ebenso breiten Filz belegt. Die Taste rollt daher mit etwas Spiel ab, statt sich um den Lagerpunkt zu drehen. Das so entstehende geringe Spiel (ca. 2 mm Leerreise der Taste) hat den Vorteil, Temperaturschwankungen aufzufangen und Heuler zu verhindern. Im beschriebenen Fall funktioniert das seit 1979 störungsfrei. Verbesserungsmaßnahme (bei der anstehenden Generalüberholung des von mir beschriebenen Instrumentes vorgesehen): Auf den Rahmen wird ein belederter Rundstab (Durchmesser 3 mm) mittig aufgebracht, der den Tasten dann als Drehpunkt dient. Angesichts der äußerst geringen Länge der Trakturwege gehe ich einfach mal davon aus, dass die Orgel weiter "heulersicher" bleibt.
Interessieren würde mich, wie der Prinzipal 8' im Wind steht. Schon der Choralbaß 4' ist mit relativ weiter Mensur ein enormer Windfresser. Und die engen Kanzellen im Verein mit niedrigem Druck (55mm WS) lassen wenig Spielraum.
Für Triosonaten und c.f.-Spiel ist die Orgel wirklich prima. Nachteilig ist die 2-3fache Mixtur, die bei c0 den dritten Chor einführt. Und das ist bei Pedalsoli norddt. Schule deutlich zu hören. Aber beim Layout der Windladen ist mit jedem Millimeter gegeizt worden. Schließlich war das Instrument eigentlich für den Hausgebrauch gedacht. Hofbauer selber hat wohl nicht damit gerechnet, dass die Orgeln in Kirchen geraten. Sonst hätte er vielleicht Laden und Kanzellen geringfügig größer konzipiert und damit weitere Mensuren ermöglicht.
Der Intonateur der von mir beschriebenen Orgel hat das Pfeifenmaterial zum Glück nicht voll ausintoniert. So blieb der Gemeinde ein schriller "Schreihals" erspart.
FG
Michael
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