Selbstbau Hauptwerk-Spieltisch mit Patenten

Heute 12:41 (zuletzt bearbeitet: Heute 12:54)
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#1 Selbstbau Hauptwerk-Spieltisch mit Patenten
Du

Der Spieltisch nutzt 2 neue Patente, darunter ein eigenes, und hat weitere Features verbaut hat, die auch einzig sein dürften. Daher möchte es hier kurz vorstellen.

Meine 3 Orgelmanuale stammen aus einer ausrangierten Kirchenorgel. Nach Austuchen der Tasten hatte ich erstmal alles druckpunktsimuliert (Magnete) und midifiziert, dasselbe beim Pedal (ein BDO-Normpedal und ein historisches Pedal, kann wechselweise benutzt werden). Soweit nix neues, außer das Druckpunktsimulation bei Pedalen schon eher unüblich sind.

Mir kam es aber darauf an, einen Spieltisch zu bauen, der haptisch möglichst nahe an eine Pfeifenorgel mit mechanischer Traktur herankommt.
Das fängt damit an, dass das Niederdruckgewicht von Pfeifenorgeln schwanken kann von so 110g - 500g (oder noch mehr). Und wenn man Manuale koppelt, wird das Niederdruckgewicht noch höher.

Die Patentidee des ersten Patents ist, eine mit Magneten bestückte Schiene in die mit ebenfalls Magneten bestückten Hintertasten einzudrehen. Patentinhaber bin ich, Erfinder sind Michael P. Schmidt (mps-Forum-Betreiber) und ich. Hier Fotos vom Muster, wie ich es mehreren Orgelbauern vorgestellt habe:
Magnetkoppel-Muster
von unten

An meiner Übeorgel habe ich getrennte Magnetkoppeln für das 1. und das 2. Manual meines 3-manualigen Spieltisches verbaut, jeweils angetrieben von einem handelsüblichen Heizungsmischermotor (welcher eine 90-Grad Drehung der enormen Kräfte durch starke Untersetzung schafft). Für beide Manuale können je 3 verschiedene Tastenniederdrücke netzausfallsicher voreingestellt werden durch einen Microcontroller mit ungefährer Tastendruckanzeige. Die zusätzlichen Koppelkräfte können auch durch die Taster links neben den Manualen aktiviert/deaktiviert werden. Diese Taster waren schon an dem originalen Pfeifenorgelspieltisch dort vorhanden, habe ich für diese Zwecke umgewidmet.

Das Problem der normalen Magnet-Druckpunktsimulation ist, dass der Druckpunkt immer bei Null ist. Ausnahme macht die Konstruktion von UHT durch Nutzung sich abstoßender Magnete. Das führt aber zu anderen, sagen wir mal, Eigenheiten des Spielgefühls (darauf möchte ich hier nicht näher eingehen). So gut wie jede Kirchenorgel hat jedoch einen mehr oder weniger großes deutlich bemerkbares Spiel, bevor der Druckpunkt einsetzt (außer bei hängenden Trakturen). Dieses Problem löst die Patentidee von Dr.Ulrich Gottwald durch den Einsatz einer "Mikrotraktur" auf sehr elegante Weise. Er hat es hier vorgestellt und erklärt. Diese Idee wurde aus Kostengründen nicht als Patent eingereicht.
Ich kann Ulrich nur Danke sagen, dass ich seine Patentidee in meiner Übeorgel einbauen durfte. Es funktioniert wartungsfrei seit 10 Jahren, und ich übe ziemlich viel. Man kann das Spiel jeder Taste beliebig einstellen, bevor der Druckpunkt einsetzt. Bei mir ist das Spiel so auf 1-2mm eingestellt, bevor der Druckpunkt einsetzt und es musste nie nachjustiert werden.
Ulrich wies mich darauf hin , das auch Pedale neben einem Druckpunkt, den man beim sensiblen Spiel erfühlen kann, auch einen gewissen Leergang davor haben können. Daher habe ich die versuchsweise eine Mikrotraktur an Pedaltasten angebaut. Leider führte dies zu verstärkten Klappergeräuschen (die bei den Manualen wegen der weitaus geringeren Magnetkräfte nicht auftreten), daher habe ich das wieder zurückgebaut.
Ulrich hat noch ein weiteres Patent zusammen mit Sebastian Luck (UHT) veröffentlicht, womit man z.B. per Midibefehle die komplette Spielmechanik ansteuern und im Spielbetrieb ändern kann, ziemlich cool (aber nicht in meinem Spieltisch verbaut).

Nun möchte man ja Patente auch gerne vermarkten (nach ein paar Jahren fangen lästige Jahresgebühren an). Das war für Ulrich Gottwald und mich eine interessante Zeit, weil wir beide mit mehreren Spieltischorgelbauern ins persönliche Gespräch kamen (mit Hr. Heuss Senior und Junior, Mitarbeitern der Fa. Laukhuff (inzwischen nicht mehr existent), Dr. Syré und mit Sebastian Luck (UHT)). Letztlich hatte aber keiner dieser Herrschaften angebissen und wir haben die Patente aufgegeben. Sebastian Luck hat das Problem auf den Punkt gebracht: Leute, die sich so ein Feature leisten können, sind eher die Amateure, die lieber eine leichtgängige Wohlfühltastatur bevorzugen. Leute, die so ein Feature gebrauchen würden, sind Profis, die sich sowas aber eher nicht leisten können für zu Hause, sondern stattdessen direkt auf den betreffenden Kirchenorgeln üben. Übrig bleiben Musiker, die sich sowas leisten können und zu Hause haben wollen, weil sie da bequem für Kirchenorgelauftritte üben möchten. Das ist mglw. ein sehr kleines Klientel.

Ein weiteres Feature ist der Einsatz eines Körperschallwandlers am Spieltisch, das dann der Übersichtlichkeit lieber in einer separaten Nachricht vorstellen würde bei Interesse.


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Heute 15:12
#2 RE: Selbstbau Hauptwerk-Spieltisch mit Patenten
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die kunst an einer mechanischen spieltraktur ist doch die beeinflussung der pfeifenan- und absprache durch steuerung der geschwindigkeit (was noch?), mit der ein druckpunkt überwunden wird.

werden diese parameter bei deinem spieltisch ausgewertet und findet eine beeinflussung des klangs statt?


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