Renovierung Domorgel Passau

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29.05.2021 07:57
#31 RE: Renovierung Domorgel Passau
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Moderator

Der neue Hauptspieltisch steht lt. Planzeichnung nur wenige Meter vorgezogen mittig vor dem Hauptgehäuse, d.h. quasi an der Stelle des Spielschranks.
Als ich die Orgel kennenlernte, war der "technische Neubau" durch Eisenbarth erst wenige Monate alt. Damals funktionierte natürlich alles bestens. Der mechanische Spieltisch, mit dem knapp 80 Register an vier Manualen zu regieren waren, versank allerdings schnell in einen Dornröschenschlaf. Sowohl die Titulare als auch konzertierende Gäste nahmen lieber elektrische Traktur und die (erstaunlich geringe) Laufzeitverzögerung am Hauptspieltisch auf der Seitenempore in Kauf. Die Chororgel fand wohl nie so richtige Freunde. Sie war ja als Verbeugung vor Christhard Mahrenholz und seiner Generation der "Orgelbeweger" norddeutsch-neobarock konzipiert, entwickelte sich indes nicht zum Favoritinstrument für Böhm/Bruhns/Lübeck etc.
Interpreten von derlei Sachen blieben lieber am Hauptspieltisch sitzen und nutzten die vielchörigen Mixturen der Hauptorgel, um Brillanz in die Sache zu bringen.

Der Dom ist ja - im Vergleich zu anderen deutschen Kathedralkirchen - nicht unbedingt als "groß" und/oder räumlich komplex zu bezeichnen. Allerdings haben Mauerwerk, Putz und üppige Ornamentik eine sehr poröse Struktur und erweisen sich als "Mensurfresser".
Ich sehe das Hauptproblem der Gesamtintonation darin, den Mitten (8'- und 4'-Lage) Fleisch auf die Rippen zu geben.
Das Dutzend CDs, das ich von der Orgel im Zustand nach 1984 besitze, überzeugt mich - trotz allerhand pittoresker Einzelfarben - klanglich nicht sonderlich. Die Plena sind eher mager als schlank. Diese Höreindrücke decken sich mit meinem Lokalohrenschein, sonst würde ich sie nicht zur Grundlage einer Beurteilung machen.
Na ja, Klais hat ausgezeichnete Intonateure, die reichlich Erfahrung aus großen Räumen mitbringen. Ich hoffe, dass sie eine runde und zugleich kraftvolle Orgel zuwege bringen. Dumpfe Brüller oder spitze Schreihälse haben wir inzwischen zur Genüge.

LG
Michael


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29.05.2021 08:07
#32 RE: Renovierung Domorgel Passau
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Zitat von Wichernkantor im Beitrag #28

Mich würde ja noch interessieren, welche Rolle Casavant in diesem Quartett spielt.



Die werden wohl ausschliesslich das Solowerk angehen, „amerikanisch geprägt...“ - würde ich so verstehen aus dem Text. Werden also viel TRUMPets verbaut werden - und da hast Du wieder die Hochdruck-Maschinerie.

Euch ein schönes WE!

Stephan

- - -
Cavaille-Coll St. Sernin / Toulouse - oder so was in der Richtung... ;-)
Gloria Concerto 469 CC - 2021
www.orgelmusik-kelkheim.de

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29.05.2021 08:18
#33 RE: Renovierung Domorgel Passau
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Spannend finde ich aber auch vor allem dieses Zitat:

Zitat
Die genaue Dis­po­si­ti­on, Regis­ter­zahl und Pfei­fen­zahl sowie wei­te­re Details kön­nen erst bei der Ein­wei­hung der Orgel ver­öf­fent­licht wer­den, da sich in der Bau­zeit noch Details ändern können.

vom Domorganisten.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstehe?? Ich starte mal und schaue auf dem Weg, was so passiert? Vielleicht ist das tatsächlich bei so einem Rieseninstrument nicht anders möglich. Aber ich baue auch eine grosse Villa nicht, ohne den klaren Plan im Vorfeld zu haben. Das zufällig zum Schluss noch die Kegelbahn einbaut wurde würde mich da überraschen...

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Cavaille-Coll St. Sernin / Toulouse - oder so was in der Richtung... ;-)
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29.05.2021 08:28 (zuletzt bearbeitet: 29.05.2021 08:28)
#34 RE: Renovierung Domorgel Passau
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Moderator

Offenbar hat man umfassende akustische Versuche gemacht, ob und wie die Hochdrückerei auf den vorderen Vierungs-Emporen im Gesamtraum wirkt. Aber das kann sich im Ensemble wieder ganz anders anhören. Wenn sich zwei Teilorgeln "anspielen", kann es statt zu einer Verstärkung zu Löschungseffekten kommen. Kann - nicht muss. Wirksames Gegenmittel sind z.B. Mensurvarianten.
Das entzieht sich alles der exakten Berechnung, weil die Gleichung zu viele Unbekannte enthält. Man kann höchstens prognostizieren - mit der Option zum Irrtum.

LG
Michael


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29.05.2021 10:37
#35 RE: Renovierung Domorgel Passau
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Also wirklich ein Try and Error Verfahren für ganze Register? Das man nachintonieren muss ist klar, aber dass sich die Disposition per se noch ändern kann finde ich ja spannend.

- - -
Cavaille-Coll St. Sernin / Toulouse - oder so was in der Richtung... ;-)
Gloria Concerto 469 CC - 2021
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29.05.2021 11:00 (zuletzt bearbeitet: 29.05.2021 11:10)
#36 RE: Renovierung Domorgel Passau
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Moderator

Das ist durchaus denkbar - vor allem wenn es sich um tragende Stimmen des Klanggerüstes handelt. Da könnte es durchaus sein, dass eine Giga-Trompete ersetzt werden muss durch zwei kleineren Kalibers. Oder vielleicht doch noch ein Clairon 4', um die Zeichnung zu verbessern, anstelle eines noch mehr Klangbrei verursachenden 16'ers. Chörigkeit und Repetitionspunkte der Mixturen und Einsatz von Tiefaliquoten in Manualen können die Klanglichkeit eines Werkes massiv verändern.
Wie solche Maßnahmen wirken, entscheidet sich letztlich im Experiment.

Bestes Beispiel war die (alte) Domorgel in Speyer. Das Instrument von Scherpf aus den 60ern hatte IV/68, war regelkonform (streng nach dem "Supper") disponiert. Es klang in sich stimmig. Aber es zog die Wurst nicht vom Teller. Leo Krämer machte bei seinem Dienstantritt einen erweiterenden Umbau zur Bedingung. Ein kräftiges Bombardwerk kam als V. Manual hinzu, die Prinzipalchöre wurden gegen erheblich weitere Mensuren ausgetauscht und zustäzlich verdoppelt. Die Orgel hatte hinterher bedeutend mehr "Wumms", klang in diesem Riesenraum aber immer noch recht schlank. In diesem Zustand habe ich sie erlebt. Man musste beim Begleiten der Gemeinde schon mal 20-25 Stimmen (von ca. 90) ziehen, damit ein vernehmbares Geräusch entstand. Vom Vor- und Erstzustand habe ich noch eine musikalisch ausgezeichnete Aufnahme mit Krämers Vorgänger Ludwig Doerr und Rheinbergers Sonate Nr. 8. Vom Höreindruck eine brave, grundsolide Stadtkirchenorgel - aber auch nicht mehr.

LG
Michael


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29.05.2021 12:12
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#37 RE: Renovierung Domorgel Passau
Gast
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Ich stell' mir das als einen ziemlichen Horror für jeden Konstrukteur vor, der Windlade, Pfeifenstöcke und Rasterbretter minutiös entworfen hat, jedoch, wenn alles dann fertig gebaut, mehrfach intoniert und gestimmt dasteht, ein Teil davon gleich wieder weggeschmissen werden muss - sofern platzmäßig überhaupt noch was geht. Bei Investsummen dieser Höhe, scheint auch eine kleine "finanzielle Interferenz" kein Thema zu sein...


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