Eigene Dispositionen

  • Seite 3 von 3
11.02.2024 13:22 (zuletzt bearbeitet: 11.02.2024 13:35)
#31 RE: Was hält die Gemeinde von folgender Disposition?
avatar

Zu der zuletzt angehängten Disposition fällt mir als Gegenstück die süddeutsche Wiegleb-Orgel aus Ansbach ein:
https://www.orgel-information.de/Orgeln/..._Gumbertus.html

Nun zur eigenen Disposition von Oktav: Mir wäre das Hauptwerk im Vergleich zu den anderen Werken zu üppig dimensioniert. Ein Quintatön 16 wäre für einen etwas gravitätischeren Klang angebracht. Die Orgeln der Barockzeit waren zwar im Regelfall auf Prinzipal-8 Basis ausgelegt, hatten aber kein Problem mit 16-Füßern etwas Gravität reinzubringen. Ob mehrere Hohlflöten 4 sein müssen? Im Hauptwerk wäre eine charakterlich stärkere Flöte 4 besser als eine Waldflöte 4, die ja einer Octave 4 doch noch recht ähnlich ist. Da im HW viel hohes Gemüse ist, braucht es da keine Verstärkung der Klangkrone auf 4er Basis, wie es in der Romantik z.B. mit der Fugara 4 gern gemacht worden ist.
Ich selbst halte nichts davon, Aliquoten in einem Werk zu verdoppeln. Während es reizvoll ist, 2 verschiedene 2-Füßer zu haben, halte ich es für Perlen vor die Säue, Quinte 2 2/3 und Terz 1 3/5 separat, dann in der Sesquialtera und nochmal im Cornett zu finden. Auch wenn da unterschiedliche Charaktere vorliegen werden, so ist dennoch die Möglichkeit, sie nur auf einem Manual spielen zu können, für mich nicht schön. Lieber die Sesquialtera auf einem anderen Manual und die Einzelregister nochmal auf einem anderen Manual.
Mixtur major 1 Fuß, Mixtur minor 1 Fuß, Cymbel 1/2 ergibt ebenfalls keinen Sinn. "Major" steht für die tiefe Mixtur auf 16-Fuß Basis, also Mixtur 2 2/3 oder gar 4 Fuß. Und die braucht eine 16er Basis, weshalb das Quintadena 16 schon ordentlich intoniert sein muß. Die Mixtur minor als hohe Mixtur kommt dann auf 2 oder 1 1/3 Fuß Basis. Ob es dann noch eine Cymbel 1/2 braucht, wenn man schon zwei Mixturen hat? Wiegleb nutzt eine fette Terzmixtur auf 2-Fuß Basis und gesellt ihr die Cymbel (auch auf 2-Fuß Basis) noch hinzu.
Beide Mixturen der Nebenmanuale auf 1-Fuß Basis und dann noch eine Cymbel hinzu? Stattdessen dem Brustwerk ein Scharff 1 Fuß verpassen und dem Oberwerk eine Mixtur auf 2er Basis und eine Cymbel auf 1-Fuß Basis. Desweiteren vermisse ich eine Trompete in einem Manual und der Baß weint, daß er keine Posaune 16 oder ähnliches bekommen hat, um Gravität zu erzeugen. Das Brustwerk ist mir generell zu mager besetzt, da würde mir eine Doppelung von 8 und 4 oder wenigstens 2x 4-Fuß für etwas Abwechslung besser gefallen. Ich kenne solch ein Brustwerk von der Weise-Orgel in Eltmann, bei der man sich wohl auch gedacht hatte, daß da der Chor schön im Wechsel mit dem Volke (Brustwerk gegen Hauptwerk) eingesetzt werden könnte... in dem Fall würde ich aber auch keinen Prinzipal 8, sondern ein Gedeckt 8 disponieren, der die Unterfütterung für 2 richtungsweisende 4-Füßer ist. (https://www.lingualpfeife.de/orgel/eltma...der-t%C3%A4ufer wobei ich meine, daß da früher eine Zimbel im Brustwerk gewesen wäre... ist aber auch schon 30 Jahre her) Weiter vermisse ich noch ein Gedeckt oder weitere Streicher der Zeit. Es ist sehr flötenlastig.

Mein Fazit: Die Orgel ist im HW zu mächtig, in den anderen Werken zu mager. Die Klangkrone ist für eine Barockorgel zu hoch und unausgewogen, dafür fehlt es ihr insgesamt an Gravität. Eine derartige Orgel in Echt würde vermutlich zu relativ großer Enttäuschung führen: Durch das Äqualverbot musste man sich ja auch beschränken und mit wenigen Registern pro Manual viel erreichen, sei es, daß ansonsten die Kanzellen den Wind nicht mehr beigebracht hätten und die Orgel abgesoffen wäre, sei es, daß die Bälgetreter einen getreten hätten.

Und eine Bitte: Bitte nicht ums Verrenken versuchen, die Register namentlich auf Alt zu trimmen. Wir wissen doch alle, daß die damals anders als heute geheißen bzw. geschrieben wurden. Aber für die bessere Verständlichkeit wären anschaulichere Namen, die auch heute für Klangrichtungen (weil ein Gedeckt nicht klingt wie ein Gedeckt oder wie ein Gedeckt - jeweils von einer anderen Orgel) verwendet werden, besser.

Ich habe gerade nochmal nachgelesen: Die 3-fache Sesquialtera kann ja bereits einen 1 1/3 beinhalten. Da wäre dann ein 1-Fuß im gleichen Charakter noch möglich und auch der 2-Fuß sollte sich an ihr orientieren bzw. umgekehrt, um so eine nichtrepetierende Klangkrone erzeugen zu können.
Für eine Orgel um 1800 ist diese Disposition aber zu frühbarock?


 Antworten

 Beitrag melden
11.02.2024 13:38 (zuletzt bearbeitet: 11.02.2024 13:40)
avatar  Oktav
#32 RE: Was hält die Gemeinde von folgender Disposition?
avatar

Jetzt sind wir also im Barock mehr und mehr festgezurrt. Die Inputs von @Ippenstein sind fundiert, insbesondere die angehängte Disposition Gumbertus imposant! Könnte die Häufung von gleichhohen Aliquoten im selben Werk mit Crescendo-Effekten zusammenhängen?

Bezüglich der Klangkrone: Was genau ist nebst evtl. Verdoppelungen das Störende? Fehlt eine tiefere Stimme, Quint 3?


 Antworten

 Beitrag melden
11.02.2024 14:00 (zuletzt bearbeitet: 11.02.2024 14:07)
#33 RE: Was hält die Gemeinde von folgender Disposition?
avatar

Im Falle von Gumbertus und vielen weiteren Orgeln lässt sich die Quinte 3 schön mit dem Quintatön 16 verbinden oder bildet mit der Oktave 2 eine Rauschpfeife. Crescendo-Effekte lassen sich im Barock auf dem selben Manual ohne Registranten nicht abbilden. Man hatte das Werkprinzip und den Echogedanken, also daß sich bestimmte Kombinationen auf einem weiteren Manual als Echo spielen lassen.
Es geht eher darum, unterschiedliche Charaktere der Register nutzen zu können. Bei einer meiner Orgeln habe ich im HW Quinte und Terz, zusätzlich ein Kornett anderen Charakters, während im OW ein Nassat 3 und eine Quinte 1 1/3, aber keine Terz disponiert ist. Sehr schmerzlich, da das OW auch einen Tremulanten hat.

Klangkronen sollten sich im selben Manual in der Höhe und/oder im Klang unterscheiden, um eine größere Variation zu ermöglichen. Eine Verdoppelung bringt keinen Mehrwert.
https://organindex.de/index.php?title=Ei...ck,_Stadtkirche
4 "Mixturen" mit jeweils eigenem Klang und Aufbau.


 Antworten

 Beitrag melden
11.02.2024 20:02
#34 RE: Was hält die Gemeinde von folgender Disposition?
avatar

Jetzt spielen wir noch ein bißchen und wir machen aus meiner mitteldeutschen hoch- bis spätromantischen Disposition eine spätbarocke Disposition. Klanglich ist sich folgendes bewusst zu sein: Während in der Romantik die Disposition auf 16er Basis gedacht wird und alle höheren Register sich aufgrund des Obertongedankens klanglich in den Grundton einfügen sollen. Es soll also rein runder Klang entstehen. Deshalb stören auch hohe herausstechende Register. Die Mixturen sind tief angesiedelt und schreien nicht. Die Zungen haben ebenfalls einen runden Ton und schnarren wenig. Daher kommt dem Obertonspektrum der Register eine wichtige Bedeutung zu. Feine Nuancen sollen dargestellt und ein quasi stufenloses Crescendo von ppp bis fff erreicht werden. Der Engchor (Streicher) ist enger und schärfer als im Barock, der Weitchor (Flöten und Gedackte) weiter und fülliger. Alles muß sich dem Gesamtklang unterordnen.
Die spätbarocke Disposition zeichnet sich durch ein gutes Fundament bzw. Basis aus, hat eine strahlende aber schon im Vergleich zum Hochbarock gebändigtere Klangkrone und die hohen Register stehen noch weitaus mehr für sich selbst als in der Romantik. Aufgrund des Äqualverbotes ist das Ziel auch nicht ein fulminantes Tutti, das im Gegensatz zum romantischen Tutti ungebändigt klingt, sondern Werke, aus denen für sich ein schönes Plenum zu zaubern ist.

Diese Kurzzusammenfassung ist weder abschließend noch berücksichtigt sie regionale Unterschiede. Es geht mir nur um das grobe Verständnis für die unterschiedlichen Auffassungen in der Planung einer barocken bzw. romantischen Orgel.

Nun zaubere ich aus meiner Disposition also eine der Orgel angepasste spätbarocke Disposition, wobei das 3. Manual überbesetzt sein wird. Schwellwerk gibt es noch nicht, das Echoprinzip wird angewendet.

HW:
Prinzipal 16
Prinzipal 8
Querflöte 8 -----> Hohlflöte 8 (es gab tatsächlich in der Barockzeit auch eine Querflöte 8 vgl. Mahrenholz)
Gambe 8 -----> Viola da Gamba 8
Rohrflöte 8 ------> Gemshorn 8
Gemshorn 8 ------> Octave 4
Dolce 8, --------> Rohrflöte 4
Octave 4 --------> Quinte 3
Flöte 4 -------> Superoktave 2
Rauschpfeife -------> Terz 1 3/5
Cornett 4 fach ------> Cornett 3 fach
Mixtur 4 fach 4 (tiefe runde Mixtur auf 16er Basis) --------> Mixtur 4-6 fach 2 (8er Basis)
Fagott 16 -----> Cymbel 4 fach 1
Trompete 8

POS:
Bordun 16
Geigenprinzipal ------> ev. Prinzipal 8
Flauto amabile 8 -------> Rohrflöte 8
NEU: Hohlflöte 8, ------> Quintatön 8
Viola 8 --------> Prinzipal 4
Quintatön 8 ---------> Traversflöte 4
Salicional 8 --------> Salicet 4
Principal 4 ---------> Nasard 2 2/3
Traversflöte 4 --------> Superoktave 2
Waldflöte 2 ------------> Terz 1 3/5
Sesquialtera 2 f. ---------> Quinte 1 1/3
Mixtur 4 fach 2 ----------> Scharff 3-4 fach 2
Clarinette 8 --------> Krummhorn 8
SW:
Lieblich Gedeckt 16 -----> Quintadena 16
Gamba 16 -------> Holzprinzipal 8
Hornprincipal 8 -------> Traversflöte 8
Concertflöte 8 --------> Gedeckt 8
Gedeckt 8
Schalmei 8 -------> Salizional 8
Viola d amore 8 ------> Vox coelestis 8
Äoline 8 ----------> Prinzipal 4
Vox coelestis 8 ------> Spitzflöte 4
Fugara 4 ---------> Sesquialtera 2-fach
Geigenprinzipal 4 -------> Waldflöte 2
Fernflöte 4 --------> Flageolett 2
Nasard 2 2/3 ------> Sifflöte 1 1/3
Flautino 2 ------> Superoktave 1
Harmonia aetheria ----> Cymbel 3-fach 1/2
Oboe 8 (typisch dt.-rom.)------> Fagott 16
gestrichen: Vox humana 8 -----> Vox humana 8

Pedal:
Contrabaß 32 (dunkel) --------> Untersatz 32
Prinzipalbaß 16 (dunkel)
Violonbaß 16 (kräftiger als Subbaß)
Subbaß 16
Quintbaß 10 2/3 -------> Octavbaß 8
Octavbaß 8 -----------> Gedecktbaß 8
Violoncello 8 ---------> Violoncello 8
Baßflöte 8 ------------> Octave 4
Octave 4 --------------> Bauernflöte 2
Contrafagott 32 ------> Mixtur 4 fach 2
Posaune 16 -----------> Posaune 16
Trompete 8 -----------> Trompete 8


 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!